Verkehrssicherungspflicht des Gebäudeeigentümers?
Was in süddeutschen Bundesländern und insbesondere in den dortigen schneereichen Gebieten üblich ist, ist in Nordrhein-Westfalen, namentlich im Ruhrgebiet, gänzlich unüblich – nämlich das Anbringen von Schneefanggittern und besonderen Warnschildern bei starkem Schneefall.
Mit einer möglichen Verpflichtung hatte sich das Oberlandesgericht (OLG) Hamm erneut zu befassen. Im Sachverhalt war das extreme Schneeereignis Anfang Februar 2021 im Fokus der Betrachtung. Der Kläger hatte seinen PKW vor dem Haus des Beklagten unterhalb des Daches abgestellt. Auf dem Dach befand sich bereits eine gehörige Menge Schnee. Am 09.02.2021 ging eine Dachlawine auf das Fahrzeug des Klägers nieder, was zu einer erheblichen Beschädigung des Fahrzeugs führte.
Der Kläger verlangt erheblichen Schadensersatz unter Hinweis darauf, dass weder Schneefanggitter noch Warnschilder, welche vor solchen Dachlawinen warnten, aufgestellt bzw. installiert worden seien. Der beklagte Gebäudeeigentümer habe hierdurch seine allgemeine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Dessen Haus habe eine starke Dachneigung, sodass ein gefahrloses Abstellen des PKW in der Nähe des Daches nicht möglich sei, was der Kläger aber nicht habe ausreichend erkennen können. Es habe keine derartigen Hinweise gegeben.
Das OLG Hamm wies den Anspruch ab (Urt. v. 29.02.2024, 7 U 72/22)! In dessen Bezirk wird auch bei starker Dachneigung keine Installation von Schneefanggittern als verpflichtend angesehen. Es komme nicht auf die Dachneigung selbst an, sondern darauf, ob es sich bei der Gegend um ein durch allgemeinen Schneereichtum bekanntes Gebiet handele. Hieraus könne eine bestehende Ortsüblichkeit zur Installation derartiger Verkehrssicherungsmaßnahmen herkommen.
Das OLG Hamm geht davon aus, dass im Ruhrgebiet nicht von einem allgemeinen Schneereichtum auszugehen ist. Nach Auffassung des Senats besteht keine allgemeine Verkehrssicherungspflicht der Gebäudeeigentümer, da die Gefahrenquellen für den Kläger rechtzeitig erkennbar sind. Bei etwaiger Extremwetterlage darf man einfach nicht „sehenden Auges“ sein Fahrzeug unter einem Dach abstellen. Man solle eine freie Fläche oder ein Parkhaus benutzen. Der Leitsatz lautet deshalb konsequent:
„Es besteht im Ruhrgebiet weiterhin (trotz oder gerade wegen des Klimawandels) keine dahingehende allgemeine Verkehrssicherungspflicht, Schneefanggitter auf Dächern von Gebäuden anzubringen.
Auch für das Aufstellen von Warnschildern vor Schneeabgängen besteht kein Anlass, wenn die Gefahrenumstände für jedermann auf Grund der wahrnehmbaren Ausnahmesituation ohne weiteres erkennbar sind.“
Das OLG Hamm hat damit nochmals eine bestehende Rechtsprechung verdeutlicht. Auch das OLG Düsseldorf (B. v. 17.02.2012, 24 U 217/11) hat bei einem Fall in Wuppertal in gleicher Weise entschieden!
Trotz der in Nordrhein-Westfalen klaren rechtlichen Lage, kommt es immer wieder zu Versuchen, die Gebäudeeigentümer wegen Beschädigungen durch Eis- und Schneeabgang in Anspruch zu nehmen. Mit dieser Klarstellung dürfte weiterhin Rechtssicherheit für Gebäudeeigentümer herrschen.