Vollmachten und Vertretung im Grundstücksverkehr
Wenn man ein Grundstück, ein Haus, eine Wohnung, ein Erbbaurecht kauft oder verkauft, muss man zum Notar. Doch was passiert, wenn man nicht selbst zum Notartermin erscheinen kann oder das nur sehr schwer möglich ist?
Klar: Sind alle Verkäufer und alle Käufer im Termin zur notariellen Beurkundung anwesend, besteht kein Problem. Der Vertrag kommt nach Verlesen und Unterzeichnen zustande.
Kann eine (oder auch mehrere) der beteiligten Personen nicht am Termin teilnehmen (z. B. wegen Krankheit, großer Entfernung, Terminproblemen), ist das zunächst einmal ein sehr guter Grund, den Termin zu verschieben. Denn die Beurkundung hat ja unter anderem die Funktion, die Parteien über die rechtliche Tragweite ihrer Handlungen aufzuklären, Risiken und Abläufe zu erläutern und Details abzustimmen. Ist ein Beteiligter bei der Beurkundung nicht selbst da, kann das naturgemäß nicht gut funktionieren. Der Notar soll daher – insbesondere, wenn ein Verbraucher beteiligt ist – darauf hinwirken, dass die rechtsgeschäftlichen Erklärungen von den Vertragsparteien persönlich abgegeben werden.
Kommt die persönliche Anwesenheit partout nicht in Betracht, kann der Vertrag trotzdem wirksam geschlossen werden, obwohl eine oder auch beide Parteien bei der Beurkundung nicht selbst zugegen ist bzw. sind. Voraussetzung dafür ist, dass eine andere Person – beim Verbraucher muss das eine Person seines Vertrauens sein – für diese Vertragspartei wirksam handelt. Das wiederum erfordert, dass derjenige, der nicht selbst anwesend ist, eine Erklärung abgibt, wonach er dieses Handeln des anderen gegen (und für) sich gelten lässt.
Wird diese Erklärung vor Abschluss des Vertrages abgegeben, handelt es sich um eine Vollmacht. Die abwesende Vertragspartei beauftragt einen Vertreter, für sie Erklärungen im Beurkundungstermin abzugeben. Eine solche Vollmacht kann auch eine Generalvollmacht sein, die aus allgemeinen Gründen der Vorsorge dem Ehegatten oder nahen Verwandten erteilt wird. Handelt im Beurkundungstermin der bevollmächtigte Vertreter, wird der Vertrag sogleich wirksam mit Wirkung zugunsten und zulasten des Vertretenen geschlossen.
Die Erklärung über die Zurechnung des Handelns eines anderen kann aber auch nach dem Beurkundungstermin abgegeben werden. Derjenige, der im Termin für den Abwesenden gehandelt hat, hatte dann also in diesem Zeitpunkt keine Vollmacht und somit auch keine Vertretungsmacht. Er handelte daher „vollmachtlos“ als „Vertreter ohne Vertretungsmacht“. Die abwesende Partei kann dann im Nachhinein dessen Handeln genehmigen und so den zunächst „schwebend unwirksamen“ Vertrag wirksam machen.
Die Frage, wie das nun im Einzelnen geht, insbesondere ob ein Notar an Vollmacht oder Nachgenehmigung mitwirken muss, beantwortet das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) überraschenderweise so, dass das für den Vertretenen geschlossene Rechtsgeschäft auch dann wirksam ist, wenn Vollmacht oder Genehmigungserklärung ohne Mitwirkung eines Notars abgegeben wurden, § 167 Abs. 2 BGB. Dieser Grundsatz kann hilfreich sein, wenn es allein darum geht, dass ein Geschäft materiell (unabhängig von Grundbucheintragungen) wirksam ist. Das Problem besteht jedoch darin, dass gemäß §§ 30, 29 der Grundbuchordnung (GBO) das Grundbuchamt „nichts“ macht, also insbesondere den Erwerber nicht durch Eintragung im Grundbuch zum Eigentümer macht, wenn die erforderlichen Erklärungen nicht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen sind. Der Vertrag kann dann nicht vollzogen werden. Das bedeutet also: Vollmacht oder Genehmigung müssen (doch) von einem Notar beurkundet oder notariell beglaubigt sein. Sonst klappt es insbesondere mit der für den Eigentumswechsel erforderlichen Grundbucheintragung nicht.
Ob nun Vollmacht oder Genehmigung das Mittel der Wahl ist, kann man je nach Interessenlage unterschiedlich beurteilen:
Bei der Vollmacht ist zu berücksichtigen, dass diese jemanden vorab befugt, in einer bestimmten Weise für den Vertretenen zu handeln. Dabei kann die Rechtsmacht des Vertreters zwar inhaltlich beschränkt werden. Allerdings kann der Vertretene schwerlich alle Einzelheiten eines zu beurkundenden Kaufvertrages vorab sicher bestimmen. Dem Vertreter bleibt daher eine gewisse Handlungsfreiheit. Das kann dazu führen, dass der Vertrag vom Vertreter so geschlossen wird, wie es der Vollmachtgeber gar nicht wünschte. Er muss dann dieses Ergebnis gegen sich gelten lassen (und kann möglicherweise gegen den Vertreter vorgehen).
Das spricht dafür, dass derjenige, der nicht an der Beurkundung teilnehmen kann, den Vertrag zunächst „vollmachtlos“ abschließen lässt und ihn dann später „nachgenehmigt“. Denn er kann sich das, was er genehmigen soll, noch in Ruhe anschauen und selbst entscheiden, ob das Rechtsgeschäft so abgeschlossen werden soll, weil vor Erteilung seiner Genehmigung der Vertrag ja noch gar nicht wirksam ist. Vielmehr ist die Genehmigungserklärung, die in aller Regel (sonst kann es ein Kostenproblem geben) vom Notar, der den Vertrag beurkundet hat, vorbereitet wurde, bei einem Notar der Wahl vorzulegen und zu unterzeichnen. Der Notar beglaubigt dann die Unterschrift des Vertretenen und der Vertrag wird wirksam mit Eingang der unterschriftsbeglaubigten Genehmigung beim Notar, der den Vertrag beurkundet hat. Die Wirksamkeit tritt grundsätzlich ein – bei Fristen funktioniert das nicht – mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung durch den Vertreter ohne Vertretungsmacht.
Dass der Vertrag bis dahin nicht wirksam ist, kann allerdings auch ein Problem sein. Denn es gibt Konstellationen, in denen der Vertrag sogleich wirksam werden muss (z. B. zur Fristwahrung). Außerdem sehen es einige Vertragsparteien gar nicht gerne, wenn sie selbst zwar (aufgrund eigener Erklärung im Termin) an den Vertrag gebunden sind, jedoch die Vertragsgegenseite sich noch überlegen kann, ob das für sie auch gilt. Auch Maklern ist daran gelegen, dass der Vertrag wirksam zustande kommt, da dies Voraussetzung für die Entstehung des Provisionsanspruchs ist.
Aus dortiger Sicht mag also Vieles für die Vollmacht sprechen. Diese kann jedoch höhere Notarkosten auslösen, wenn sie – was freilich zu empfehlen ist – von einem Notar entworfen wurde. Außerdem ist die Abwicklung etwas komplizierter. Denn der Notar, der den Kaufvertrag beurkundet, wird den Inhalt der Vollmacht genau prüfen und insbesondere auf häufige Fehler achten. So fehlt in Vollmachten zuweilen die Möglichkeit für den Vertreter, Untervollmacht für Dritte zu erteilen, was jedoch für die Belastung des Grundeigentums mit einer Grundschuld zur Finanzierung für den Käufer und – ebenso wie die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB – für den Vollzug durch den Notar und dessen Mitarbeiter wichtig ist. Der Notar lässt sich daher in der Regel die Vollmachtsurkunde schon vor dem Termin zur Prüfung übermitteln.
Zum Termin selbst muss dann vor Allem auch das richtige Schriftstück mitgebracht werden. Das geht nicht selten schief. Dazu ist zu wissen, dass die Vollmacht in verschiedenen Varianten zu einer öffentlichen Urkunde (die wird ja gebraucht) werden kann:
Entweder „nur“ durch Unterschriftsbeglaubigung, das heißt, der Vertretene hat eine Vollmacht erklärt und der Notar hat allein seine Unterschrift unter dem Dokument beglaubigt, also bestätigt, dass die Person das Dokument vor ihm unterzeichnet hat. Oder die Vollmacht wurde „verhandelt“, also vollständig vorgelesen und vom Notar und dem Vertretenen persönlich unterzeichnet.
Die lediglich unterschriftsbeglaubigte Vollmacht wird nur als Original verwendet. Will der Vertretene diese Vollmacht zunichtemachen, muss er also dafür sorgen, dass dieses Original nicht mehr im Rechtsverkehr ist, insbesondere der Vertreter sie nicht mehr hat. In der Regel geschieht dies dadurch, dass der vormals Bevollmächtigte die Vollmacht nach Widerruf an den vormals Vertretenen herausgibt. Dementsprechend muss der Vertreter zum Nachweis seiner Vertretungsmacht im Termin das Original der unterschriftsbeglaubigten Vollmacht vorlegen. Eine beglaubigte Kopie (des Originals auf dem die Unterschrift beglaubigt wurde) genügt nicht. Denn solche Kopien, auf denen bestätigt ist, dass sie dem Original entsprechen, kann sich der Vertreter in beliebiger Anzahl verschaffen. Die Kopie dokumentiert daher nicht, dass der Vertreter überhaupt noch für den Vertretenen handeln darf. Das Original könnte ja schon eingezogen sein.
Wird eine Vollmacht beurkundet, also vorgelesen, bleibt das Original beim Notar. Da aber an sich nur das Original den Vertreter hinreichend legitimiert, wird dieses Original ersetzt. Dazu erteilt der Notar sogenannte „Ausfertigungen“, die dann dem Original gleichstehen. Dazu wird ein Ausfertigungsvermerk auf der Urkunde erstellt. Das Dokument wird ausdrücklich mit dem notariellen Siegel dem persönlich bezeichneten Vertretenen als „Ausfertigung“ erteilt. Der Notar kann mehrere solcher Ausfertigungen erteilen, weshalb diese in der Regel nummeriert werden, also „erste Ausfertigung“ usw. Eine solche Ausfertigung, aber auch nur diese und nicht die beglaubigte Kopie, ist dem Original gleichwertig. Die Ausfertigung, die gerade der bevollmächtigten Person erteilt ist, ist es daher, die statt des – beim Notar befindlichen – Originals zum Termin vorzulegen ist. Soll die Vollmacht widerrufen werden, sind dementsprechend alle Ausfertigungen vom Vollmachtgeber „einzukassieren“.
Vorzulegen im Beurkundungstermin ist also das Original, wenn die Vollmacht notariell beglaubigt wurde und die für den Bevollmächtigten erteilte Ausfertigung, wenn die Vollmacht „verhandelt“, also vorgelesen, wurde.
Dass das nicht selten „schief geht“, liegt auch daran, dass auch noch andere Versionen der Vollmacht erstellt werden. So bekommt der Vollmachtgeber beglaubigte Kopien der Vollmacht und womöglich mehrere Ausfertigungen. Und im Kaufvertragsentwurf ist auch noch die Rede von beglaubigten Kopien, die der Notar anfertigt.
Vollmachten und Nachgenehmigungen bringen also einen gewissen Aufwand mit sich. Ein Grund mehr, einen Termin zur Beurkundung abzustimmen, zu dem alle selbst anwesend sein können.