Der Bundesrat hat am 18.10.2024 dem vierten Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) zugestimmt. Das BEG IV soll vereinfachte Arbeitsabläufe ermöglichen, um Unternehmen von überflüssiger Bürokratie zu entlasten.
Die Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien trägt dazu bei, Kosten und Zeit zu sparen. Während die Digitalisierung in vielen Bereichen des täglichen Lebens voranschreitet, müssen z.B. Arbeitsverträge, sofern mit dem Arbeitsvertrag zugleich der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses erbracht werden soll, und Anträge auf Elternzeit nach wie vor ausgedruckt, eigenhändig handschriftlich unterzeichnet und im Original nachweisbar zugestellt werden. Das BEG IV, das am 01.01.2025 in Kraft trat, führt zu einer Reihe von arbeitsrechtlichen Änderungen und Formerleichterungen.
Grundsatz der Formfreiheit
Für den Abschluss eines Arbeitsvertrages gilt der Grundsatz der Formfreiheit. Der Arbeitsvertrag kann mündlich, schriftlich, ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten geschlossen werden. Einer besonderen Form bedarf ein Rechtsgeschäft danach nur, wenn sie ausdrücklich im Gesetz vorgeschrieben oder in einem Vertrag vereinbart wurde.
Wenn das Gesetz für eine bestimmte Erklärung die Schriftform verlangt, bestimmt § 126 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), dass die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden muss.
Eine Vielzahl arbeitsrechtlicher Rechtsgeschäfte bedürfen der Schriftform. Hierzu zählen u. a. die Befristungsabrede (§ 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)), das nachvertragliche Wettbewerbsverbot (§ 74 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB)) und der Abschluss einer Betriebsvereinbarung (§ 77 Abs. 2 Satz 1, 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)).
Formerleichterungen durch das BEG IV
Das BEG IV schafft seit dem 01.01.2025 Formerleichterungen für die tägliche Human Resources (HR)-Praxis. Im Folgenden sollen die wichtigsten arbeitsrechtlichen Änderungen durch das BEG IV dargestellt werden:
Änderungen des Nachweisgesetzes
Für den Abschluss von Arbeitsverträgen gilt – wie bereits ausgeführt – der Grundsatz der Formfreiheit. Arbeitsverträge können auch per E-Mail oder mündlich geschlossen werden. Einer eigenhändigen handschriftlichen Unterzeichnung des Arbeitsvertrages beider Vertragsparteien bedarf es grundsätzlich nicht. Allerdings sieht § 2 Nachweisgesetz (NachwG) vor, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses innerhalb bestimmter Fristen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen.
Die aus dem Gesetz folgenden Nachweispflichten können entweder durch Aufnahme aller nötigen Informationen in den (schriftlichen) Arbeitsvertrag oder aber durch Aushändigung einer separaten Niederschrift (welche dann der Schriftform zu genügen hat) erbracht werden. Sofern der Arbeitgeber daher den Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen nicht durch die Übersendung eines eigenhändig handschriftlich unterzeichneten Arbeitsvertrages erbracht hat, bedarf es einer separaten schriftlichen Niederschrift der wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber.
Durch die arbeitsrechtlichen Änderungen des BEG IV kann der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses zukünftig in Textform abgefasst und elektronisch übermittelt werden, sofern das Dokument für den Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit der Übermittlung auffordert, einen Empfangsnachweis zu erteilen.
Arbeitsverträge können daher zukünftig digital erstellt und per E-Mail verschickt werden. Eines gesonderten Nachweises der wesentlichen Vertragsbedingungen in Schriftform bedarf es nicht mehr. Die Arbeitnehmer haben aber auch weiterhin das Recht, einen schriftlichen Nachweis zu verlangen.
Die Formerleichterungen finden jedoch keine Anwendung auf Arbeitnehmer, die in einem Wirtschaftsbereich oder Wirtschaftszweig nach § 2a Abs. 1 Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) tätig sind. In diesem Bereich gilt weiterhin, dass der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses in Schriftform erteilt werden muss.
Befristung des Arbeitsverhältnisses auf die Erreichung der Regelaltersgrenze (§ 41 SGB VI)
Das BEG IV enthält auch eine kleine, aber durchaus praxisrelevante Änderung zum Schriftformerfordernis für Altersgrenzen in Arbeitsverträgen. Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (§ 14 Abs. 4 TzBfG). Dieses strenge Formerfordernis gilt bislang auch für Altersbefristungen, welche die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters des Arbeitnehmers vorsehen. Da Altersbefristungen in Arbeitsverträgen allgemein üblich sind, besteht faktisch ein Schriftformzwang für nahezu sämtliche Arbeitsverträge. Durch das BEG IV wird § 41 Sozialgesetzbuch (SGB) VI um einen Absatz 2 erweitert. Eine Vereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vorsieht, bedarf zu ihrer Wirksamkeit nicht mehr der Schriftform, sondern der Textform. Diese Formerleichterung gilt allerdings nur für die Befristung des Arbeitsverhältnisses auf das Erreichen der Regelaltersgrenze, nicht aber für sonstige Befristungen nach dem TzBfG.
Änderungen des Bundeselterngeldgesetzes (BEEG)
Neben einer Reihe von Änderungen bezüglich der Regelungen über das Elterngeld, ändert das BEG IV auch arbeitsrechtliche Regelungen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können zukünftig Elternzeit in Textform statt wie bisher in Schriftform geltend machen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG).
Während der Elternzeit darf der Arbeitnehmer eine Teilzeittätigkeit ausüben. Dies regelt § 15 Abs. 4 BEEG. Eine solche Teilerwerbstätigkeit während der Elternzeit ist denkbar beim eigenen Arbeitgeber, bei einem fremden Arbeitgeber oder als selbstständige Tätigkeit. Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber oder eine selbstständige Tätigkeit während der Elternzeit bedürfen der Zustimmung des Arbeitgebers. Die Änderungen durch das BEG IV führen zukünftig dazu, dass der Arbeitgeber seine Zustimmung innerhalb von vier Wochen nach der Beantragung aus dringenden betrieblichen Gründen nunmehr in Textform verweigern kann.
Seit dem 01.01.2025 können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Antrag auf Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit in Textform (anstelle der Schriftform) geltend machen. Auch die Ablehnung der Teilzeitarbeit bzw. die Ablehnung der geänderten Verteilung der Arbeitszeit ist nunmehr in Textform (anstelle der Schriftform) geltend zu machen.
Änderung der Gewerbeordnung
§ 109 Abs. 3 Gewerbeordnung (GewO) schloss bisher die elektronische Form für die Erteilung des Arbeitszeugnisses aus. Mit den Änderungen durch das BEG IV kann das Zeugnis mit Einwilligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in elektronischer Form (§ 126a BGB) erteilt werden.
Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes
§ 12 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) regelt bislang, dass der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Entleiher der Schriftform bedarf. Mit Wirkung ab dem 01.01.2025 bedarf der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Entleiher zukünftig nur noch der Textform und nicht mehr der Schriftform.
Im Rahmen der Mitbestimmung ist dem Betriebsrat zukünftig keine schriftliche Erklärung des Verleihers über den Besitz der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung vorzulegen. Zukünftig reicht es aus, wenn die Erklärung des Verleihers über den Besitz der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung in geeigneter Weise vorgelegt wird.