Dass die Schlagzeile „Wir sind Papst“ nicht nur Kultstatus erlangt hat, sondern auch urheberrechtlichen Schutz erhalten hat, mag auf den ersten Blick überraschen, handelt es sich doch um ein nur aus drei Wörtern bestehendes „Werk“. In einer Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) Hamburg (Urt. v. 29.08.2024, 5 U 116/23) wurde dieser prägnanten Zeile zur Wahl von Papst Benedikt XVI. jedoch offiziell der Status eines schutzfähigen Sprachwerks zuerkannt. Besonders bemerkenswert: Mit nur drei Wörtern dürfte es zudem das kürzeste urheberrechtlich geschützte literarische Werk in Deutschland sein. Bislang hielt diesen inoffiziellen nationalen Rekord das berühmte Karl-Valentin-Zitat „Mögen hätte ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut“ (Landgericht (LG) München I, Urt. v. 08.09.2011, 7 O 8226/11).
Warum also verdient eine so kurze Schlagzeile einen solchen Schutz? Das Gericht hob hervor, dass die Formulierung bewusst und kreativ sprachlich gestaltet wurde und die nationale Begeisterung auf eine Weise zusammenfasst, die sie von gängigen Slogans wie „Wir sind Weltmeister“ abhebt. Entscheidend sei die Schöpfungshöhe, also die individuelle Prägung und kreative Eigenart der Schlagzeile, die mehr ist als nur eine rein beschreibende Aussage. Das Gericht betonte, dass die Formulierung nicht beliebig durch andere Begriffe ersetzt werden könne, ohne ihre prägnante Wirkung und den historischen Bezug zu verlieren. Auch wurde die Originalität durch die sprachliche Verdichtung und die damit transportierte Emotion hervorgehoben. Die drei Wörter „Wir sind Papst“ verkörpern ein Stück Zeitgeschichte und sind mehr als eine allgemeine Aussage – sie wurden zu einem einmaligen Ausdruck, der nicht beliebig durch andere Wörter ersetzt werden kann, ohne seine besondere Wirkung zu verlieren. Außerdem verwies das Gericht darauf, dass die ungewöhnliche Verwendung des Personalpronomens „wir“ eine besondere Verbindung zwischen der Wahl des Papstes und der deutschen Öffentlichkeit herstellt, was die Individualität der Schlagzeile zusätzlich unterstreicht.
Was bedeutet das für Ihre Markenkommunikation? – Kurze Slogans mit eigenem Charakter
Dieses Urteil könnte auch für Sie als Unternehmer oder Kreativschaffenden von Interesse sein. Es zeigt, dass selbst kurze Slogans einen wertvollen Schutz erreichen können, wenn sie originell und prägnant gestaltet sind. Auch wenn im Fall „Wir sind Papst“ viele günstige Faktoren zusammenkamen – einschließlich der enormen Reichweite der Bild-Zeitung, die den Slogan nachhaltig verbreitet hat – bleibt die Kernaussage bestehen: Kreativität und Originalität können selbst kurzen Slogans rechtlichen Schutz verschaffen. Haben Sie selbst einprägsame, unverwechselbare Slogans in Ihrer Markenkommunikation? Vielleicht steckt in Ihrer nächsten Werbezeile das Potenzial für das nächste „Wir sind Papst“.