Der Ausschluss eines Gesellschafters einer GmbH stellt in der anwaltlichen Praxis nicht selten eine taktische Option im Rahmen der Lösung von Gesellschafterstreitigkeiten dar. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in ständiger Rechtsprechung hierfür strenge Anforderungen aufgestellt, die insbesondere dem Erhalt des Stammkapitals der Gesellschaft trotz Ausschluss eines Gesellschafters und damit letztlich eines Kapitalgebers sicherstellen sollen. Unterschiedliche Auffassungen wurden insbesondere zu der Frage vertreten, ob ein Gesellschafter auch dann ausgeschlossen werden kann, wenn er die geschuldete Einlage noch nicht vollständig erbracht hatte.
Der BGH hat in der jüngeren Entscheidung (Urt. v. 04.08.2020, II ZR 171/19) nunmehr entschieden, dass der Gesellschafter einer GmbH grundsätzlich auch dann aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden kann, wenn die von ihm geschuldete und bereits fällig gestellte Einlage noch nicht vollständig erbracht wurde. Dies kann nach dieser Rechtsprechung selbst dann geschehen, wenn nicht zeitglich mit dem Ausschluss ein Beschluss über die Verwertung seines Geschäftsanteils gefasst wird.
Die Vorinstanz hatte noch entschieden, dass zeitgleich mit dem Ausschluss des Gesellschafters auch die Verwertung des Geschäftsanteils beschlossen werden müsse. Der BGH hat dem eine Absage erteilt, und zwar weil die geforderte Gleichzeitigkeit des Ausschlusses und der Entscheidung über das Schicksal des Geschäftsanteils zum Schutz der Kapitalaufbringung nicht erforderlich sei.
In der Praxis ist jedoch zu beachten, dass zwar nach wie vor der Gesellschafter ausgeschlossen werden kann, es für die davon zu trennende Einziehung seines Geschäftsanteils in Vollzug dieser Ausschließung allerdings immer noch darauf ankommt, ob die Einlage vollständig geleistet wurde. Ist dies nicht der Fall, muss wohl auch in Zukunft beispielsweise ein Kapitalerhöhungsbeschluss gefasst werden, um den Kapitalerhalt sicherzustellen. Möglich bleibt es jedoch, zunächst über die Ausschließung des Gesellschafters einen Gesellschafterbeschluss herbeizuführen und erst im Anschluss über die Verwertung des Geschäftsanteils zu befinden.
Auch dieses Urteil zeigt, dass im Rahmen von Gesellschafterauseinandersetzungen das Mittel der Ausschließung von Gesellschaftern einer sorgfältigen und strategisch strukturierten Vorbereitung bedarf.