Viele Unternehmer stellen sich die Frage, unter welchen wirtschafts- und steuerrechtlichen Bedingungen ihr Unternehmen auf die nächste Generation übertragen werden kann. Aber auch für Unternehmer, die ihr Unternehmen beispielsweise aufgrund eines Erbfalles erworben haben, stellt sich die Frage nach der steuerlichen Belastung dieses Erwerbs.
Mit welcher Belastung die Unternehmensübertragung aus erbschaftsteuerlicher Sicht verbunden sein kann, konnte aufgrund der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Urteil vom 17.12.2014 (1 BvL 21/21) festgestellten Verfassungswidrigkeit des damals geltenden Erbschaftsteuerrechts zunächst nicht abschließend beantwortet werden. Das BVerfG hatte die Verfassungswidrigkeit des damals gültigen Erbschaftsteuerrechts zwar festgestellt, gleichzeitig aber die Anwendung des verfassungswidrigen Erbschaftsteuerrechts bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber zugelassen. Dem Gesetzgeber war aufgegeben worden, spätestens bis zum 30.06.2016 eine Neuregelung zu schaffen. Das Gesetzgebungsverfahren konnte dann allerdings erst im November 2016 abgeschlossen werden.
Aber was sollte für Konstellationen gelten, die zwischen dem Fristablauf und der Neuregelung auftraten? In der Zwischenzeit, also zwischen dem Fristablauf Ende Juni 2016 und dem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens traten selbstverständlich ebenfalls Erbfälle auf. Dem Urteil des BVerfG war jedoch nicht zu entnehmen, ob für diese ebenfalls das bisherige verfassungswidrige Erbschaftsteuerrecht angewendet werden konnte, weil die vom BVerfG gesetzte Frist zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen war.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte vor diesem Hintergrund einen Fall zu entscheiden, in dem die Klägerin am 28.09.2016 im Zuge der Erbfolge von ihrer Tante Privatvermögen geerbt hatte. Das Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des verfassungswidrigen Erbschaftsteuerrechts war zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen, die vom BVerfG gesetzte Frist allerdings bereits lange abgelaufen. Die Klägerin war daher der Auffassung, ihr Erwerb unterliege nicht der Erbschaftsteuer und die später dann vom Gesetzgeber angeordnete Rückwirkung der Neuregelung sei unzulässig.
Der BFH hat dem allerdings eine Absage erteilt (Urt. v. 06.05.2021, II R 1/19). Nach Auffassung des BFH habe das BVerfG lediglich festgelegt, dass das bisherige Recht bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar sei. Daher habe die Erbschaftsteuer für das von der Tante erworbene Privatvermögen auch auf der Grundlage der bisherigen Bestimmungen rechtmäßig festgesetzt werden können.
Aufhorchen lässt die Entscheidung des BFH allerdings aus einem anderen Grund. Denn der BFH stellt in seiner Entscheidung auch fest, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung aus November 2016 lediglich die Besteuerung des Erwerbs von Betriebsvermögen neu geregelt habe. Die Regelungen zum Erwerb von Privatvermögen habe der Gesetzgeber hingegen unverändert gelassen. Deshalb konnte der BFH auch offenlassen, ob die im Jahr 2016 geänderten großzügigen Regelungen zum Erwerb von Betriebsvermögen überhaupt verfassungskonform sind oder nicht. Denn in dem zu entscheidenden Fall ging es lediglich um Privatvermögen. Die Frage, ob die Unternehmensnachfolge im fraglichen Zeitraum noch auf der Grundlage des alten oder neuen Rechtes zu beurteilen ist und ob die Neuregelungen zur Besteuerung des geerbten Betriebsvermögens verfassungskonform sind, bleibt daher weiterhin offen. Betroffene Unternehmer hatten sich eine Klarstellung erhofft, die noch aussteht.