Grundlage dafür sind nicht etwa direkte Erhöhungen der Erbschaft- und Schenkungsteuersätze, sondern vielmehr geplante Änderungen im Bewertungsgesetz durch das Jahressteuergesetz 2022, das in Kürze verabschiedet werden soll. So werden diejenigen Vorschriften geändert, die für die Bewertung einer Immobilie herangezogen werden. Die Neuregelung soll bereits zum 01.01.2023 in Kraft treten!
Die relevanten Änderungen im Kurzüberblick
Im neuen Jahressteuergesetz stehen einige wichtige Änderungen an. Diese betreffen auch das Bewertungsgesetz. Die Anpassung des Sach- und Ertragswertverfahrens von bebauten Grundstücken (betrifft alle privaten und betrieblichen Gewerbe- und Wohnimmobilien) sowie die Bewertung in Erbbaurechtsfällen folgt der im Juli 2021 geänderten Immobilienwertermittlungsverordnung. Der Gesetzgeber hat nämlich – seit einer dahingehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – dafür zu sorgen, dass eine Besteuerung von Grundbesitz zum tatsächlichen Verkehrswert erfolgt. Dabei sind folgende geänderte Bewertungsfaktoren die wesentlichen Werttreiber der anstehenden Gesetzesänderung: Verlängerung der Nutzungsdauer, Senkung der Liegenschaftszinssätze und Einführung eines Regionalisierungsfaktors.
Praktische Folgen
Als Konsequenz ist eine steuerliche Wertsteigerung von Immobilien zu erwarten und folglich auch eine entsprechend erhöhte Steuerlast bei Schenkungen und Erbschaften. Im Einzelfall kann die Erbschaft- oder Schenkungsteuer um bis zu 20 bis 30 Prozent steigen, so Schätzungen des Eigentümerverbandes Haus und Grund. Bei (teil-)gewerblich genutzten Immobilien kann diese Schätzung sogar noch überschritten werden. Eine solche Erhöhung kann gerade bei ungeplanten Erbschaften zu entsprechenden Liquiditätsengpässen führen, sollten die Bedachten überfordert sein, wenn kein finanzielles Polster vorhanden ist.
Auch wenn Schenker und Beschenkte oder Erblasser und Erben allesamt nicht im Inland ansässig sind, unterliegen deutsche Immobilien als Inlandsvermögen grundsätzlich der Schenkung- und Erbschaftsteuerpflicht und damit ab dem Jahr 2023 auch den höheren Bewertungen.
Die höhere Bewertung ab dem Jahr 2023 kann neben der höheren Schenkung- und Erbschaftsteuer auch dazu führen, dass die nächste Progressionsstufe und damit ein höherer Steuersatz erreicht wird oder die Grenze für einen unternehmerischen Großerwerb überschritten wird, der weniger steuerliche Begünstigungen erfährt. Ein weiterer Nachteil der höheren Bewertung liegt in dem höheren Vorerwerb für künftige Schenkungen innerhalb der nächsten zehn Jahre, also einem Abschmelzen der persönlichen Freibeträge. Es sind zudem negative Auswirkungen bei der Grunderwerbsteuer möglich, wenn die Ersatzbemessungsgrundlage zum Tragen kommt, insbesondere bei Umstrukturierungen von grundbesitzenden Unternehmen.
Fazit
Aus den Änderungen des Bewertungsgesetzes können sich erhebliche Erhöhungen auf die für Erbschaften und Schenkungen von Immobilien oder grundbesitzenden Unternehmen zu zahlende Steuer ergeben, ebenso auf die Grunderwerbsteuer bei betrieblichen Umstrukturierungen.
Sollte bei Ihnen eine (teil-)unentgeltliche Übertragung von Immobilien oder eine Übertragung oder Umstrukturierung von Unternehmen mit Immobilienbesitz anstehen, ist in jedem Fall eine frühzeitige Planung zu empfehlen. Denn auch weiterhin stehen verschiedene gesetzliche Begünstigungen und zulässige Gestaltungen zur Vermeidung oder Reduzierung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer sowie Grunderwerbsteuer zur Verfügung.
Wenn Sie nicht nur mittel- sondern kurzfristig eine Immobilien- oder Unternehmensschenkung oder Umstrukturierung geplant haben, sollten Sie darüber nachdenken, ob diese noch in diesem Jahr 2022 vollzogen werden kann.