Die Auswirkungen öffentlich-rechtlicher Vorgaben auf die Vertragsgestaltung bei Gewerbemietverträgen

Eine von den Parteien eines Mietvertrags angestrebte Nutzung der Mieträumlichkeiten lässt sich nur realisieren, wenn keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Bauplanungs- und Bauordnungsrecht sowie Bestimmungen des Brand- oder Lärmschutzes, behördliche Genehmigungs- und Erlaubnisvorbehalte sind nur einige verwaltungsrechtliche Regelungsbereiche, die die Nutzungsmöglichkeiten eines Grundstücks oder einer Immobilie beschränken können. Öffentlich-rechtliche Vorschriften können daher beim Abschluss von Mietverträgen die privatrechtliche Vertrags- und Gestaltungsfreiheit erheblich beeinflussen. Deshalb ist es für eine erfolgreiche Vermietung erforderlich, dass die verwaltungsrechtlichen Anforderungen, denen eine beabsichtigte Nutzung durch den Mieter genügen muss, von den Parteien des Mietvertrags sorgfältig bedacht werden. Dabei sollte ihnen die gesetzliche Risikoverteilung ebenso bewusst sein, wie vertragliche Regelungsmöglichkeiten, um die Verantwortung für die Einhaltung der verwaltungsrechtlichen Vorgaben individuell anzupassen.

Gesetzliche Risikoverteilung

Soweit die vertraglich vorgesehene Nutzung der Mietsache von der Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften abhängt oder für die Nutzung eine behördliche Erlaubnis bzw. Genehmigung erforderlich ist, ist fraglich, welche der Mietvertragsparteien für die Erfüllung dieser Voraussetzungen verantwortlich ist. Die Antwort ergibt sich aus § 535 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): „Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten.“ Der Vermieter erfüllt seine Verpflichtung aus § 535 BGB nur, wenn sich die Mietsache in einem Zustand befindet, der es dem Mieter ermöglicht, die Räumlichkeiten uneingeschränkt für die vertraglich vorgesehene gewerbliche Tätigkeit zu nutzen. Der Vermieter ist demnach grundsätzlich dafür verantwortlich, dass einem vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache keine rechtlichen Beschränkungen oder Hindernisse entgegenstehen, die sich insbesondere aus der Nichteinhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften ergeben können.

Das Verwendungsrisiko hingegen trifft grundsätzlich den Mieter, es sei denn, der Verwendungszweck ist Vertragsinhalt geworden oder der Vermieter hat vertraglich das Risiko für die Einhaltung des Verwendungszwecks übernommen. Wenn durch gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen ein Mieter die Mietsache nicht oder nur eingeschränkt nutzen kann und sich daher seine Gewinnerwartung nicht erfüllt, führt dies zu der Frage, ob sich damit nur das Verwendungsrisiko des Mieters verwirklicht oder die Gebrauchsüberlassungspflicht des Vermieters verletzt ist.

Abgrenzung der Verantwortlichkeiten von Vermieter und Mieter

Um zu vermeiden, die gesetzliche Risikoverteilung zu verwischen und das Verwendungsrisiko des Mieters unberechtigt auf den Vermieter zu übertragen, beschränkt sich die Verantwortung des Vermieters auf diejenigen Umstände, die sich auf die konkrete Lage und Beschaffenheit der Mietsache beziehen. Daher muss der Vermieter die baulichen Gegebenheiten herstellen, die zur Einhaltung der für die vorgesehene Nutzung der Mietsache maßgeblichen öffentlich-rechtlichen Bestimmungen erforderlich sind.

Ebenso trifft ihn die Verpflichtung, eine nach öffentlichem Recht notwendige Genehmigung für die beabsichtigte Nutzung einzuholen, soweit diese objektbezogen erteilt wird. Muss der Mieter für seinen Gewerbebetrieb eine verwaltungsbehördliche Erlaubnis oder Genehmigung einholen, muss der bauliche Zustand der Räume so beschaffen sein, dass die Konzession erteilt werden kann. Öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen, Verbote oder Gebrauchshindernisse, die sich dagegen aus betriebsbezogenen Umständen ergeben oder in der Person des Mieters ihre Ursache haben, hat der Vermieter ohne eine anders lautende vertragliche Vereinbarung hingegen nicht zu verantworten.

Bei der Vermietung von Gewerberäumen ist diese Verteilung der Verantwortlichkeiten für die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften von besonderer Bedeutung. Hier ist im Einzelfall genau zu prüfen, ob öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse oder -beschränkungen, die die Möglichkeit der Nutzung einer Immobilie zu dem von den Mietvertragsparteien beabsichtigten Geschäftszweck beeinträchtigen, ihren Grund in den baulichen Gegebenheiten bzw. in der Lage der Mietsache (dann Verantwortungsbereich des Vermieters) oder in betriebsbezogenen Umständen bzw. in der Person des Mieters haben (dann Verantwortungsbereich des Mieters).

Mit dieser Maßgabe ist beispielsweise der Vermieter bei der Vermietung von Räumlichkeiten zum Betrieb einer Apotheke dafür verantwortlich, dass diese den Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung entsprechen (Bundesgerichtshof (BGH), Urt. v. 23.09.1992, XII ZR 44/91). Dagegen fällt es z. B. in den Verantwortungsbereich des Mieters von Räumlichkeiten zum Betrieb einer Gastronomie, dass dieser die für den Betrieb erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Wird die Konzession zum Betrieb der Gastronomie allerdings versagt, weil einer Nutzung der Immobilie als Gastronomie die kommunale Bauleitplanung entgegensteht, der Zustand der Räumlichkeiten den gesetzlichen Anforderungen der einschlägigen Lärm- oder Brandschutzbestimmungen nicht entspricht oder der erforderliche Stellplatznachweis fehlt, betrifft dies wiederum die Risikosphäre des Vermieters.

Fällt die Nutzungseinschränkung wegen öffentlich-rechtlicher Vorgaben in den Verantwortungsbereich des Vermieters, stehen dem Mieter umfangreiche Gewährleistungsansprüche zu, beispielsweise Mietminderung, Kündigung, Schadensersatz und Mangelbeseitigung (z. B. Ertüchtigung des Brandschutzes).

Vertragsgestaltung bei Gewerbemietverträgen

Da der Vermieter gemäß § 535 BGB verpflichtet ist, dem Mieter die Räume in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen, muss nach der dargestellten gesetzlichen Risikoverteilung die Mietsache den rechtlichen Anforderungen entsprechen, die für den vereinbarten Nutzungszweck maßgeblich sind. Vor diesem Hintergrund ist bei der Vertragsgestaltung besondere Aufmerksamkeit bei der Regelung des Verwendungszwecks angezeigt.

Der Vermieter muss im Vorfeld des Vertragsabschlusses ggfs. unter Hinzuziehung von Fachplanern verbindlich klären, ob die Mieträumlichkeiten für die mieterseits angestrebte Nutzung baulich geeignet ist und den öffentlich-rechtlichen Vorgaben entspricht.

Um das Haftungsrisiko des Vermieters zu verringern empfiehlt es sich, die Nutzungsmöglichkeiten des Mieters im Mietvertrag möglichst präzise zu definieren.

Wird eine Mietsache lediglich „zur gewerblichen Nutzung“ vermietet, kann der Mieter in den Mieträumen jeden gesetzlich zulässigen Gewerbebetrieb aufnehmen und der Vermieter muss aufgrund seiner Verpflichtung aus § 535 BGB dafür sorgen, dass die Mieträume den für die vom Mieter beabsichtigte Nutzung maßgeblichen öffentlich-rechtlichen Anforderungen entsprechen. Ist dagegen die dem Mieter gestattete Nutzung des Mietobjekts vertraglich genau festgelegt und eingegrenzt, schließt dies eine spätere abweichende Nutzung ohne Zustimmung des Vermieters aus. Das Risiko des Vermieters, im Rahmen der Gebrauchserhaltungspflicht eine möglicherweise kostenintensive Anpassung der Mieträume an geänderte öffentlich-rechtliche Bestimmungen vornehmen zu müssen, lässt sich dadurch zwar nicht völlig beseitigen. Es wird aber zumindest verringert. Zudem sollte im Verhandlungswege aus Vermietersicht versucht werden, die Verantwortung für objektbezogene öffentlich-rechtliche Vorgaben zumindest teilweise auf den Mieter umzulegen.

Die gesetzliche Risikoverteilung für die Einhaltung der zur Nutzung der Mietsache einzuhaltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften kann grundsätzlich durch vertragliche Vereinbarungen abgeändert werden (BGH, Urt. v. 02.03.1994, XII ZR 175/92). Allerdings ist für objektbezogene Umstände ein vollständiger Ausschluss der Rechte des Mieters zugunsten des Vermieters in Formularverträgen im Zusammenhang mit der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht möglich. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei solche Klauseln, deren Verwendung der Vermieter für mehrere Gewerbemietverträge zumindest beabsichtigt. Anders sind dabei lediglich für den konkreten Vertrag sogenannten individualvertraglichen Regelungen zu beurteilen, die zwischen den Parteien ausverhandelt werden. Durch sie kann sich der Vermieter in einem weitergehenden Umfang von der Haftung für objektbezogene öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse oder ‑beschränkungen freizeichnen.

Für entsprechende Vertragsgestaltungen stehen Ihnen die im Immobilienrecht tätigen Anwälte der Sozietät SPIEKER & JAEGER gerne zur Verfügung.

  • Jens Ewelt

    • Rechtsanwalt
    • Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
    • Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht