Werbeslogans sind schön und Marken sind nützlich. Warum also nicht beides verbinden? Das hat sich zumindest der Lebensmittelhersteller Oatly AB gefragt und kurzerhand den Spruch „IT’S LIKE MILK BUT MADE FOR HUMANS“ bei dem Europäischen Amt für Geistiges Eigentum („EUIPO“) als Unionsmarke angemeldet. Oder es zumindest versucht, denn das EUIPO war nicht sonderlich begeistert und hat die Anmeldung zurückgewiesen. Weil auch der Einspruch dagegen ohne Erfolg blieb, sah sich Oatly AB dazu genötigt, schließlich das Europäische Gericht Erster Instanz („EuG“) mit der Angelegenheit zu befassen – und bekam Recht (Urt. v. 20.01.2021, T-253/20).
Der Eintragung einer Unionsmarke können die absoluten Eintragungshindernisse des Art. 7 Unionsmarkenverordnung („UMV“) entgegenstehen. In Art. 7 Abs. 1 Buchst. b) UMV heißt es, dass Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen sind. Genau darauf hatte das EUIPO sich gestützt: Eine Marke kann nur dann Unterscheidungskraft haben, wenn sie auf die kommerzielle Herkunft eines Produkts hinweist. Ein bloßer Werbeslogan wird von den Adressaten jedoch nicht als Herkunftshinweis, sondern – eben – als Werbung empfunden. Der Spruch der Oatly AB enthielt aus Sicht der EUIPO keinen über bloße Werbung hinausgehenden Gehalt. Zumal es für vegan lebende und laktoseintolerante Mitmenschen ganz natürlich sei, Milch als keine für Menschen geeignete Nahrung anzusehen. Dass es in den Niederlanden, Dänemark und Schweden zu Diskussionen um den Slogan gekommen war, sei für die Entscheidung irrelevant, weil es nur auf das Verständnis der Mitgliedstaaten ankomme, in der Englisch offizielle Landessprache sei. Folglich – so das EUIPO – habe die Marke keine Unterscheidungskraft.
Das EuG sah das anders und hat dem EUIPO gleich in drei Punkten auf die Finger geklopft:
Es komme, erstens, nämlich sehr wohl auf die Auffassung in Ländern an, in denen Englisch zwar nicht offizielle Landessprache sei, in denen Englisch aber weitgehend verstanden werde. Das seien jedenfalls Mitgliedstaaten wie Dänemark, die Niederlande, Finnland und Schweden. Die EUIPO hätte also die Diskussionen in den Niederlanden, Dänemark und Schweden berücksichtigen müssen. Dort war offenbar eine öffentliche Diskussion um die Verträglichkeit von Tiermilch für den Menschen entbrannt. In Schweden war der Slogan sogar als herabsetzend für Milch verboten (!) worden.
Und, zweitens, seien an Werbeslogans nicht höhere Anforderungen zu stellen, als an andere Kennzeichen, die als Marken eingetragen werden sollen. Es müsse keine besondere Kreativität darin zum Ausdruck kommen; sie müssten nicht besonders überraschend sein oder andere Besonderheiten aufweisen. Es reiche vielmehr aus, wenn der Slogan zusätzlich zur bloß werbenden Komponente ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft aufweise, d.h. der Adressat Eigenheiten in dem Spruch erkennt, die er mit einem bestimmten Unternehmen in Verbindung setzen kann.
Das führt schließlich zum dritten Punkt. Der Slogan habe nämlich aus Sicht des EuG sehr wohl genug Unterscheidungskraft, um eine Markenanmeldung zu rechtfertigen. Es sei, so das EuG, Stand der öffentlichen Meinung, dass Tiermilch ein wertvoller Teil der menschlichen Ernährung ist. Das sei auch Minderheiten wie Veganern und Menschen mit Laktoseintoleranz bewusst. Wenn der Slogan also die Aussage „Wie Milch“ über ein „aber“ mit „für Menschen“ verbindet, sei das keine rein beschreibende Aussage mehr, wie: Ein Milchersatzprodukt, das für die Ernährung von Menschen entwickelt wurde. Sondern der Widerspruch aus dem „aber“ enthalte zwischen den Zeilen die Aussage, dass Tiermilch an sich nicht für die menschliche Ernährung geeignet sei. Das weiche, so das zweithöchste Gericht der Europäischen Union, von der öffentlichen Meinung ab und lasse den Adressaten erst einmal stutzen. Das werde auch durch die Diskussionen in den verschiedenen Mitgliedstaaten belegt. Und dieses ‘Stutzen‚ des Adressaten des Slogans, das reicht nach der Ansicht der Richter aus, um über die Hürde der bloß werbenden Aussage hinweg zu kommen. Der Adressat nehme den Spruch also nicht nur wahr, sondern merke ihn sich und erkenne ihn wieder. Ergo habe der Slogan genügend Unterscheidungskraft für eine Markenanmeldung.
Unabhängig davon wie weit – oder nicht weit – verbreitet ein veganer Lebensstil sein mag: Dieser Fall zeigt auf, wie diffizil die Grenze zwischen einer nicht schutzfähigen, nur beschreibenden oder werbenden Aussage einerseits und eintragungsfähiger Marke andererseits sein kann. Wie so oft bewegen wir uns hier im Spannungsfeld zwischen Begriffen und Aussagen, die man Wettbewerbern nicht einfach verbieten kann – denn sie müssen ihre Produkte ja auch irgendwie beschreiben und bewerben können – und dem einen Fünkchen Unterscheidungskraft, der doch Wiedererkennungswert hat und deshalb für ein gesetzliches Monopol als Marke genügt. Wie weit der Schutz einer solchen Marke dann tatsächlich geht, steht natürlich wieder auf einem ganz anderen Blatt.