Sowohl in der Beratungspraxis als auch in der Rechtsprechung ist die Frage, wann ein GmbH-Geschäftsführer sozialversicherungspflichtig ist, ein absoluter Dauerbrenner. War es früher für die Annahme einer Sozialversicherungsfreiheit ausreichend, wenn ein Geschäftsführer, auch ohne Gesellschafter zu sein, eine wesentliche und exklusive Stellung im Unternehmen hatte (sog. „Kopf-und-Seele“-Rechtsprechung), hat die Rechtsprechung in den vergangenen Jahren eine beachtliche Kehrtwende hingelegt. In der jüngeren Vergangenheit hat die Rechtsprechung die Parameter weiter geschärft.
So hatte das Bundessozialgericht („BSG“) zuletzt einen Fall zu entscheiden, in dem die Klägerin am Stammkapital der fraglichen GmbH zunächst zu 10 % beteiligt war. Sodann erwarb sie durch notariellen Vertrag einen weiteren Geschäftsanteil in Höhe von 90 %. Am selben Tag schloss die Klägerin als Treuhänderin mit drei Personen als Treugeber einen notariellen Treuhandvertrag, wonach sie den 90%-Gesellschaftsanteil zu jeweils gleichen Teilen für die Treugeber bis auf deren einstimmigen Widerruf hielt. Ferner war geregelt, dass die Klägerin an die Weisungen der Treugeber zwingend gebunden sei und das Treuhandverhältnis von den Treugebern (einstimmig) sowie der Treuhänderin nur aus wichtigem Grund gekündigt werden könne. Auf ihren Statusfeststellungsantrag stellte die Deutsche Rentenversicherung Bund fest, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Gesellschafterin-Geschäftsführerin auch in der Zeit der Treuhandschaft nicht abhängig beschäftigt gewesen sei und daher in allen Zweigen der Sozialversicherung keine Versicherungspflicht bestanden habe.
Das Sozialgericht hob den angefochtenen Bescheid auf und stellte die Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung fest, was durch das LSG Baden-Württemberg auch so bestätigt wurde. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Ihren beherrschenden Einfluss auf die GmbH als Alleingesellschafterin habe die Klägerin durch den Treuhandvertrag eingebüßt.
Mit Urteil vom 12.05.2020 hob das BSG die Entscheidung des LSG auf. Die Begründung des BSG: Als Alleingesellschafterin habe die Klägerin nicht mehr dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung der GmbH unterlegen, denn sie selbst bestimme ihre Geschäftsführertätigkeit und damit die Geschicke des Unternehmens. Der beherrschende Einfluss auf die Gesellschaft werde der Klägerin auch nicht durch den notariellen Treuhandvertrag genommen. Ein Treuhandvertrag sei wegen seiner schuldrechtlichen Wirkung für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ohne Bedeutung. Dieses Ergebnis werde durch die fehlende Publizität von Treuhandabreden im HR untermauert. Etwas anderes folge auch nicht aus der Pflicht der Treuhänderin zur Übertragung von Geschäftsanteilen auf die Treugeber.
Die Entscheidung zeigt besonders deutlich, dass die Rechtsprechung im Wesentlichen auf die formale Rechtslage abstellt. Im fraglichen Fall war die Geschäftsführerin aufgrund der notariellen Treuhandabrede immerhin weisungsabhängig gegenüber den Treugebern, weshalb sowohl erste als auch zweite Instanz von einer Sozialversicherungspflicht ausgingen.
Ein sicherer Weg, um eine ggfs. gewünschte Sozialversicherungsfreiheit zu erreichen, bleibt daher nur die Verankerung einer qualifizierten Sperrminoritätsklausel in der Satzung der GmbH. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, weil die Vorteile auf der sozialversicherungsrechtlichen Seite schnell durch die Nachteile auf gesellschaftsrechtlicher Seite aufgebraucht werden. Die verschiedenen Interessen müssen daher gut abgewogen werden.