Bei SPIEKER & JAEGER engagieren wir uns seit vielen Jahren in der Juristenausbildung. Dies ist nun durch eine Verknüpfung mit dem Landesjustizprüfungsamt bei dem Justizministerium NRW und mit der Rechtsreferendarausbildung beim Landgericht Dortmund noch einmal verstärkt worden.
Erste und Zweite Juristische Staatsprüfung
Die Juristenausbildung in Deutschland bezeichnet die erforderliche Ausbildung für den Zugang zu juristischen Berufen. Sie ist zweistufig, das heißt, sie besteht aus einem Universitätsstudium mit mindestens acht Semestern und dem Rechtsreferendariat mit 24 Monaten. Das Universitätsstudium wird mit der ersten juristischen Staatsprüfung abgeschlossen und hat bis auf kurze Praktikumszeiten kaum Bezug zur praktischen juristischen Tätigkeit. Im Rechtsreferendariat soll der Jurist die zur Ausübung seines Berufes notwendige praktische Erfahrung erwerben. Dieser juristische Vorbereitungsdienst ist im Juristenausbildungsgesetz geregelt. Zuständig sind dafür die Oberlandesgerichte („OLG“), in Nordrhein-Westfalen sind dies das OLG Hamm, OLG Düsseldorf und OLG Köln. Wer die zweite juristische Staatsprüfung am Ende des Rechtsreferendariats erfolgreich abgelegt hat, erwirbt die Befähigung zum Richteramt, wird umgangssprachlich als „Volljurist“ bezeichnet und kann als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt zugelassen werden.
Praktische Ausbildung im Referendariat
Das Juristenausbildungsgesetz ist vor einigen Jahren reformiert worden. Ein Schwerpunkt der Reform war eine noch stärkere Verknüpfung des Rechtsreferendariats mit der Berufspraxis, um der Bedeutung des zweiten Staatsexamens als „Praktikerexamen“ noch mehr gerecht zu werden.
Diese praktische Ausbildung erfolgt im Rechtsreferendariat über unterschiedliche Stationen, die zu durchlaufen sind: Fünf Monate bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit (Amts- oder Landgericht für Zivilsachen), drei Monate bei der Staatsanwaltschaft, drei Monate in der Verwaltung, zehn Monate in einer Anwaltskanzlei und drei Monate in der sogenannten Wahlstation. Die theoretische Ausbildung erfolgt dann parallel bei einem Landgericht im jeweiligen Bezirk des zuständigen OLG, in dem sich die Referendarinnen und Referendare beworben haben. Nach der Anwaltsstation werden acht Examensklausuren geschrieben, nach der Wahlstation erfolgt dann noch die mündliche Examensprüfung im Justizministerium, an dessen Ende man im Idealfall das zweite Staatsexamen erfolgreich besteht.
Ausbildung in der Anwaltsstation
Die Dauer der sogenannten Anwaltsstation mit zehn Monaten verdeutlicht, dass ein Schwerpunkt der praktischen Ausbildung des Rechtsreferendariats in einer Anwaltskanzlei stattfinden soll. Die jeweilige Kanzlei wird dabei nicht seitens des OLG verbindlich zugewiesen; es ist vielmehr Aufgabe der Referendarin und des Referendars, sich bei der für sie in Betracht kommenden Kanzlei zu bewerben. Auswahlkriterien auf Referendarseite sollten sein, in welchem Umfang dort ausgebildet, in welche Rechtsgebiete man einbezogen wird und ob im besten Fall auch examensrelevante Themen vermittelt werden. Es sollte sicherlich auch nicht unberücksichtigt bleiben, ob sich gegebenenfalls im Anschluss an die Anwaltsstation und nach dem Ende des Rechtsreferendariats ein Berufseinstieg in die Kanzlei ergeben könnte.
Bei SPIEKER & JAEGER gibt es eine Vielzahl von erfahrenen und qualifizierten Anwaltskolleginnen und Anwaltskollegen, die sich an der Ausbildung von Referendarinnen und Referendaren sehr aktiv beteiligen. Ziel ist dabei primär, einen Beitrag zur Juristenausbildung zu leisten. Idealerweise bewähren sich die Referendarinnen und Referendare im Rahmen dieser Ausbildung, um sich für eine Anstellung in der Kanzlei aufzudrängen. Da wir weiter wachsen wollen, besteht diese Option grundsätzlich für jede Referendarin und jeden Referendar, die bzw. den wir bei SPIEKER & JAEGER aufnehmen bzw. in unseren Berufsalltag einbeziehen.
Eigene Erfahrungen
Ich selber hatte in meinem Rechtsreferendariat, das ich von 1998 bis 2000 im Bezirk des OLG Hamm bei dem Landgericht Bochum als Stammdienststelle verbracht habe, das große Glück, in der ersten Ausbildungsstation bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit an einen älteren Amtsrichter zu gelangen, der die Juristenausbildung sehr ernst nahm und hohe Anforderungen stellte – zugleich aber auch die Bereitschaft mitbrachte, tiefe Einblicke in die Richter- und Prozesspraxis zu gewähren.
So musste ich am wöchentlichen Sitzungstag dieses Richters eine Stunde vor Prozessbeginn die Gerichtsakte im Dienstzimmer des Richters abholen und in der Bibliothek des Landgerichts Bochum den Akteninhalt aufbereiten und für ein sogenanntes Votum eine vorläufige rechtliche Bewertung des Sach- und Streitstands vornehmen. Dieses Votum musste ich dann in Anwesenheit des Richters, der beiden Parteien und ihrer Anwälte zu Beginn der Gerichtsverhandlung vortragen, ohne dies vorher mit dem Richter besprochen zu haben. Zweck dieser Übung war der im zweiten Staatsexamen recht berüchtigte Aktenvortrag zu Beginn der mündlichen Examensprüfung, bei dem nach einer Vorbereitungszeit von einer Stunde ein Original-Aktenstück aus der Berufspraxis der Justiz vorbereitet und der Sach- und Streitstand mit juristischer Würdigung vor der Prüfungskommission innerhalb von maximal zwölf Minuten vorgetragen werden musste. Dieser Aktenvortrag hat für den weiteren Verlauf der mündlichen Examensprüfung wesentliche Bedeutung.
Eigene Dozententätigkeit
Für die intensive Betreuung und praxisnahe Ausbildung bin ich meinem damaligen Richter noch heute sehr dankbar. Diese Erfahrung war dann auch Grund für mich, schon einige Jahre nach meinem Berufsstart an der Juristenausbildung aktiv teilzunehmen und durchgehend seit 2006 als Dozent in den Fortgeschrittenen-Arbeitsgemeinschaften für Referendarinnen und Referendare zunächst bei dem Landgericht Dortmund, dann längere Zeit bei dem Landgericht Essen und nun wieder bei dem Landgericht Dortmund tätig zu sein. Solche Fortgeschrittenen-Arbeitsgemeinschaften werden geleitet von einer Richterin oder einem Richter und einer Anwältin/einem Anwalt. Der richterliche Leiter vermittelt dabei eher theoretisches Wissen zum Zwangsvollstreckungsrecht, der anwaltliche Leiter vermittelt Praxiswissen zum einem in Bezug auf die anwaltliche Tätigkeit und zum anderen auch in Bezug auf Examensklausuren. Dies deshalb, weil sogenannte „Anwaltsklausuren“, bei denen juristische Sachverhalte aus Anwaltssicht bewertet und zweckmäßig umgesetzt werden sollen, seit 2014 im zweiten juristischen Staatsexamen immer häufiger Teil der Examensklausuren sind und insofern eine besondere Bedeutung einnehmen. Diese Bedeutung der Anwaltsklausuren spiegelt sich auch in der Dauer der Anwaltsstation wieder, die mit 10 Monaten die längste der unterschiedlichen Stagen ist. Gegenstand solcher Anwaltsklausuren sind vielfach rechtsgestaltende Klausuren, in denen es darum geht, das Ansinnen der Mandantschaft zu erkennen und zugunsten des Mandanten bestmöglich umzusetzen. An dieser Stelle macht die Einbeziehung von Anwältinnen und Anwälten in der Juristenausbildung besonders Sinn, um neben den theoretischen Kenntnissen auch das für die Anfertigung von Anwaltsklausuren erforderliche Praxisgeschick zu vermitteln.
Zusätzlich bin ich seit 2010 nebenamtliches Mitglied des Landesjustizprüfungsamtes bei dem Justizministerium Nordrhein-Westfalen. Als Prüfer im zweiten juristischen Staatsexamen habe ich bislang weit über 1.000 Examensklausuren korrigiert und an mündlichen Examensprüfungen in der Prüfungskommission teilgenommen, soweit dies die anwaltliche Tätigkeit und der „Familienfrieden“ an Wochenenden zeitlich zuließ.
Seit dem 01.10.2020 bin ich in der Kanzlei SPIEKER & JAEGER Rechtsanwalt und Partner sowie als Fachanwalt für Bau- und Immobilienrecht und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in allen Bereichen des Immobilienrechts tätig. Ich freue mich sehr darüber, dass die Kanzlei in der Juristenausbildung eine große Verantwortung sieht und ich mich nun von hier aus mit meiner Dozenten- und Prüfertätigkeit auch weiterhin einbringen kann.