In den letzten Jahren ist in der Rechtsprechung eine Tendenz festzustellen, die Anforderungen an Gesellschaftsverträgen von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) zu verschärfen, soweit es um Regelungen zum Gründungsaufwand der GmbH geht. Diese Richtung ist nunmehr durch eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Schleswig jedenfalls für Gründungen im nördlichsten Bundesland bestätigt worden (B. v. 21.02.2023, 2 Wx 50/22).
Worum geht es?
Der Mindestinhalt eines GmbH-Gesellschaftsvertrags ist in § 3 Abs. 1 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) genannt. Der Gesellschaftsvertrag muss danach enthalten:
- die Firma und den Sitz der Gesellschaft;
- den Gegenstand des Unternehmens;
- den Betrag des Stammkapitals;
- die Zahl und die Nennbeträge der Geschäftsanteile, die jeder Gesellschafter gegen Einlage auf das Stammkapital übernimmt.
Soll das Unternehmen auf eine gewisse Zeit beschränkt sein oder sollen den Gesellschaftern außer der Leistung von Kapitalanlagen noch andere Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft obliegen, sind diese Bestimmungen ebenfalls in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen, vgl. § 3 Abs. 2 GmbHG.
Wie allgemein bekannt ist, beschränken sich GmbH-Gesellschaftsverträge jedoch i.d.R. nicht auf diesen Mindestinhalt. In den allermeisten Fällen finden sich zahlreiche weitere Regelungen, u. a. zum Ablauf von Gesellschafterversammlungen, zur Einziehung und Vererblichkeit von Anteilen, zu einem etwaigen Wettbewerbsverbot usw.
Ebenso finden sich in den allermeisten GmbH-Gesellschaftsverträgen standardmäßig Klauseln dazu, ob und in welcher Höhe die GmbH Kosten zu tragen hat, die mit ihrer eigenen Gründung einhergehen. In früheren Gesellschaftsverträgen fand man dazu noch schlichte Regelungen, dass die GmbH ihre – nicht näher benannten oder aufgeschlüsselten – Gründungskosten bis zu einem gewissen Höchstbetrag tragen soll. Zahlreiche Instanzgerichte haben diesem Vorgehen bereits in den letzten Jahren eine Absage erteilt. In der Praxis hat sich daher die – u. a. im Bereich des OLG Hamm akzeptierte – Klausel bewährt, in der zwar nur ein Höchstbetrag genannt wird, die Gründungskosten aber näher benannt werden (z. B. Kosten für steuerliche und rechtliche Beratung).
Dies reicht dem OLG Schleswig offenbar nicht (mehr) aus. Die Richter weisen in ihrer Entscheidung darauf hin, dass es im Hinblick auf den Gründungsaufwand keine Regelung im GmbHG gebe und daher – mit der gefestigten Rechtsprechung – § 26 Abs. 2 Aktiengesetz (AktG) auf die Gründung der GmbH analog anwendbar sei. Nach § 26 Abs. 2 AktG ist der Gesamtaufwand, der zulasten der Gesellschaft an Gesellschafter oder an andere Personen als Entschädigung oder als Belohnung für die Gründung oder ihre Vorbereitung gewährt wird, in der Satzung gesondert festzusetzen. Auch wenn der Wortlaut des § 26 Abs. 2 AktG dies nicht auf den ersten Blick hergebe, meint das OLG Schleswig, dass der von der Gesellschaft zu tragende Gesamtbetrag einerseits konkret festzuschreiben sei und zum anderen die von der Gesellschaft zu tragenden Kosten auch im Einzelnen aufgeführt werden müssten. Die von der Gesellschaft zu tragenden Kosten seien zudem als Gesamtbetrag (Endsumme) in dem Gesellschaftsvertrag auszuweisen, wobei Beträge, die noch nicht ganz beziffert werden können, geschätzt werden müssten. Hintergrund sei, dass interessierte Dritte sich bei einem Blick in den Gesellschaftsvertrag über die Vorbelastungen zulasten des Stammkapitals unterrichten können sollen. Die bloße Bezifferung eines Gesamthöchstbetrages, bis zu dem die Gesellschaft die Gründungskosten trage, sei laut OLG Schleswig nicht ausreichend. Bei einem Höchstbetrag bleibe die konkrete Vorbelastung im Unklaren. Zudem seien auch die Gründungskosten, die die Gesellschaft tragen soll, im Einzelnen aufzuführen. Andernfalls bestehe die Gefahr einer Schmälerung des Haftungskapitals der Gesellschaft durch zweifelhafte Gründungskosten, ohne dass dies transparent werde.
In der Literatur wird diese Entscheidung bislang einhellig als zu weitgehend empfunden. Wie eingangs erwähnt, gilt dies auch für den Zuständigkeitsbereich des OLG Hamm, sodass die Position der Rechtsprechung dort – jedenfalls derzeit noch – moderater zu sein scheint. So hatte sich zwar auch das OLG Hamm in einer Entscheidung kritisch zu einer Gründungskosten-Klausel positioniert (B. v. 16.02.2021, 27 W 130/20). Dort ging es jedoch darum, dass die von der Gesellschaft zu übernehmenden Gründungskosten einen beträchtlichen Teil, nämlich 83 % des Stammkapitals ausmachten, sodass faktisch nur noch 17 % des Stammkapitals zur Verfügung standen. Hierin sah das OLG Hamm einen Verstoß gegen das in § 30 Abs. 1 GmbHG geregelte Prinzip der Kapitalbindung und -erhaltung. Anlässlich dieser Entscheidung verwies das OLG Hamm jedoch darauf, dass eine Klausel, die den Gründungsaufwand pauschal mit EUR 2.500 beziffere, bei einer mit dem Mindeststammkapital von EUR 25.000 ausgestatteten GmbH nicht zu beanstanden sei. Eine solche Klausel trage dem Umstand Rechnung, dass die entsprechenden Kosten oftmals nicht exakt angegeben werden können. Aus Gründen des Gläubigerschutzes sei eine solche Klausel nicht zu beanstanden.
Im Sinne des sichersten Vorgehens sollte daher jedenfalls bei Gründungen in Schleswig-Holstein eine detaillierte Regelung gewählt werden. Im übrigen Bundesgebiet scheint hingegen (derzeit) keine Notwendigkeit zu bestehen, von der bisherigen Praxis abzuweichen.