Zuletzt in der Ausgabe November 2015 unseres Mandantenrundschreibens hatten wir über den „Dauerbrenner“ Geschäftsführerhaftung gem. § 64 Satz 1 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) berichtet. Die damalige Ausgabe kann im News-Bereich unserer Homepage heruntergeladen werden. Zur Wiederholung: Nach § 64 Satz 1 GmbHG ist der Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von solchen Zahlungen verpflichtet, die er nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach Feststellung der Überschuldung leistet. Werden also Zahlungen nach Eintritt der Insolvenz ausgeführt, ist der Geschäftsführer persönlich verpflichtet, die entsprechenden Beträge wieder an die GmbH zu erstatten. Gleiches gilt sogar in der Regel dann, wenn Zahlungen an die insolvente GmbH auf debitorisch geführten Konten eingehen. In einem aktuellen Fall hatte sich der Gesellschaftsrecht-Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) (II. Zivilsenat) erneut mit der GmbH-Geschäftsführer-Haftung gem. § 64 GmbHG zu beschäftigen (Urteil vom 26.01.2016). Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob auch eine solche Zahlung der GmbH gem. § 64 Satz 1 GmbHG zur Haftung der Geschäftsführung führt, die an einen absonderungsberechtigten, durch eine Gesellschaftssicherheit besicherten Gläubiger geleistet wird. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die insolvente GmbH unterhielt bei ihrer Bank ein debitorisch geführtes Kontokorrentkreditkonto mit einem Kreditrahmen von 350 T€. Durch Globalzessionsverträge trat die GmbH der Bank zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung sämtliche bestehenden und künftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen ab. Der klagende Insolvenzverwalter begehrte nunmehr gem. § 64 Satz 1 GmbHG Ersatz in Höhe von ca. 1,2 Mio. € wegen auf dem debitorischen Kontokorrentkreditkonto eingegangener Zahlungen im Umfang von ca. 700 T€ und von dem Konto geleisteter Zahlungen im Umfang von ca. 500 T€. Die fraglichen Kontobewegungen fanden statt zu einem Zeitpunkt, als die GmbH bereits materiell insolvent war. Landgericht (LG) und Oberlandesgericht (OLG) (beide München) hatten der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das OLG München hatte ausgeführt, dass der beklagte Geschäftsführer die geleisteten Auszahlungen von dem Konto der insolventen GmbH zu erstatten habe. Dass sich das Konto im Soll befunden habe, ändere nichts, weil der Kontokorrentsaldo durch die Globalzession zu Gunsten der Bank besichert gewesen sei. Durch die vom Konto geleisteten Zahlungen habe sich folglich der Umfang der der Sicherungsabrede unterfallenden Forderungen zu Lasten der anderen Gläubiger erhöht. Des Weiteren habe der beklagte Geschäftsführer auch die ab Eintritt der Insolvenzreife auf dem Konto der Schuldnerin eingegangenen Zahlungen zu erstatten. Der Zahlungsbegriff des § 64 GmbHG erfasse auch Einzahlungen von Drittschuldnern auf ein debitorisches Konto der Gesellschaft. In diesem Falle habe der Geschäftsführer dafür Sorge zu tragen, dass die Zahlungen auf ein neu einzurichtendes, im Haben befindliches Konto erfolgen. Der Einwand des beklagten Geschäftsführers, angesichts der Sicherungsabtretung an die Bank fehle es an einer Gläubigerbenachteiligung, wurde vom OLG nicht gehört. Der BGH hat die Entscheidung des OLG München aufgehoben, die Sache zurückverwiesen und dem OLG München folgendes mit auf dem Weg gegeben:
Wenn eine Zahlung an einen absonderungsberechtigten, durch eine Gesellschaftssicherheit besicherten Gläubiger geleistet wird, liegt ein Aktiventausch vor, soweit infolge der Zahlung die Gesellschaftssicherheit frei wird und der Verwertung zu Gunsten aller Gläubiger zur Verfügung steht. Bei einem solchen Aktiventausch entfällt im wirtschaftlichen Ergebnis eine masseschädliche Zahlung. Wenn die Sicherheit in der Abtretung von Forderungen besteht, bewirkt eine Zahlung an den Zessionar (hier: Bank) einen solchen Aktiventausch, soweit infolge dieses Vorgangs sicherungsabgetretene werthaltige Forderungen frei werden und in das zur gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger bestimmte Vermögen der Gesellschaft gelangen.
Nach der bereits im November 2015 besprochenen Entscheidung des BGH hat dieser also erneut die äußerst weitreichende Geschäftsführer-Haftung gem. § 64 Satz 1 GmbHG eingeschränkt.