Schon im bekannten durch Caterina Valente vorgetragenen, hier titelgebenden Schlager musste die Sängerin auf ein Schiff warten. Ganz ähnlich dürfte es sehr vielen Käufern mit internationalen Kauf- und Lieferverträgen in den letzten Wochen gegangen sein. Die schnellste und kürzeste Seehandelsroute zwischen Asien und Europa, der Suezkanal, war im März nahezu eine ganze Woche durch eines der größten jemals gebauten Containerfrachtschiffe blockiert, was wiederum einen Rückstau von nahezu 400 Schiffen zu Folge hatte.
Bergerecht
Zahlreichen Beobachtern wird der im Vergleich zu einem der größten jemals zu Wasser gelassenen Güterschiffe lächerlich klein wirkende Bagger noch vor Augen sein. In rechtlicher Hinsicht kann dieses Bild als Erinnerungsanker für die Kosten der Bergung dienen. Für diese Bergung sind – vor Ort – zunächst der Kapitän und die ägyptische Suezkanalbehörde administrativ zuständig. Die rechtliche Verantwortung für die Bergung des Schiffes trifft jedoch die Eigner. Zwei Möglichkeiten der rechtlichen Regelung der Bergung sind denkbar.
Einerseits kann der Kapitän des Schiffes im Namen und auf Rechnung der Eigner einen entsprechenden Bergevertrag abschließen. Jene Bergeverträge sind international in Form als Lloyd‘s Standard Form of Salvage Agreement oder auch Lloyds Open Form (LOF) standardisiert. Dieser Formularbergevertrag enthält an sich nur relativ wenige Details, so etwa die Namen der Parteien und den Bergeort. Wichtiger ist die in diesen Verträgen vorgesehene Rechtswahl zugunsten englischen Rechts nebst einer Schiedsklausel, wonach ein Schiedsgericht die Höhe des Bergelohns bestimmt.
Wird kein Bergevertrag abgeschlossen, handelt es sich bei der Bergung um ein gesetzliches Schuldverhältnis, das sich nach völkerrechtlichen Grundsätzen, so etwa der Salvage Convention 1989 bestimmt. Im deutschen Recht ist die Salvage Convention 1989 in den §§ 574 ff. des Handelsgesetzbuches (HGB) in nationales deutsches Recht umgesetzt worden. In der Salvage Convention 1989 und damit etwa auch in § 577 HGB finden sich etwa Vorschriften über den fälligen Bergelohn.
Ist damit die Rechtsnatur des Bergelohnanspruches – LOF oder gesetzliches Schuldverhältnis nach der Salvage Convention 1989 – geklärt, gilt es, die Aufmerksamkeit auf den Schuldner des Anspruchs, den Eigner, zu richten. Als Schuldner des Bergelohnes sind der Eigner und anteilig die Eigentümer des geborgenen Vermögens verpflichtet.
Im Falle des im Suezkanal verunglückten Schiffes ist dies zunächst ein Reeder aus Japan. Dieser Reeder überließ das Schiff indes im Wege des Charters an ein taiwanesisches Unternehmen. Reeder und Charterer werden gewiss eine Vereinbarung hinsichtlich des Bergelohnes getroffen haben.
Wie gezeigt, sind nicht nur Reeder und (wohl auch) Charterer, sondern auch die Eigentümer des geborgenen Vermögens – die sogenannten Ladungseigner – Schuldner des Bergelohnanspruches, was angesichts der Größe des havarierten Schiffes zu ganz eigenen Problemen führt, weil dieses mehr als 20.000 Standardcontainer transportierte. Bedenkt man, dass je Container wiederum mehrere verschiedene Ladungseigner beteiligt sind, ergibt sich eine mittlere fünfstellige Zahl an Eignern und damit Schuldner des Bergelohns aus aller Herren Ländern.
Mit im Boot sitzen sodann zahlreiche Versicherungen. Sowohl Reeder als Charterer greifen dabei auf eine sogenannte Protection and Indemnity-Versicherung („P&I-Insurance“) zurück. Diese Haftpflichtversicherung übernimmt Schäden, die durch den Betrieb des Schiffes verursacht wurden. Daneben besteht oftmals eine Hull and Machinery-Versicherung („H&M-Insurance“) in Form einer Kaskoversicherung, die alle unfallbedingten Schäden am Schiff selbst reguliert. Schließlich dürfte die Suezkanalbehörde ebenfalls über Versicherungsschutz in Form einer Maritime Liability-Versicherung verfügen.
Folgeschäden und Incoterms
Es genügt freilich nicht, den Blick auf das havarierte Schiff selbst, den Bergelohn und dessen Schuldner zu richten. Vielmehr muss die Folge der Havarie, der etwa 400 Schiffe erfassende Rückstau, in die Betrachtung mit einbezogen werden: Zwar waren diese Schiffe nicht, wie im legendären Fleetfall (BGH, Urt. v. 21.12.1970, II ZR 133/68) gleichsam eingesperrt, weil diese Schiffe den ungleich längeren Weg um das Kap der Guten Hoffnung wählen konnten.
Die Wartezeit oder, je nach Entscheidung der Reederei, der Umweg über das Kap der Guten Hoffnung wirft jedoch zahlreiche weitere Rechtsfragen auf, so etwa danach, wer für die Schäden infolge der nicht eingehaltenen Liefertermine aufkommen wird.
Zunächst trifft dies zwar auch wieder die bereits angesprochenen Eigner und Charterer, allerdings erstreckt sich das Problem auf alle Unternehmen entlang der Liefer- und Leistungskette: Vertragsparteien internationaler Warenkaufverträge sind mit der Frage konfrontiert, welche Auswirkungen die Havarie auf ihre gegenseitigen Leistungspflichten hat. Dergestalt werden sich Käufer verspätet eintreffender Waren fragen, gegen wen sie nun Ansprüche – etwa aufgrund der verzögerten Lieferung – geltend machen können.
CIF, FOB und FAS
Bei jenen im vorliegenden Zusammenhang abgeschlossenen Verträgen handelt es sich ganz überwiegend um grenzüberschreitende Kauf- und Lieferverträge, bei denen im Grundsatz die jeweiligen konkreten Vereinbarungen entscheidend sind. Allerdings wird – auch um Missverständnisse zu vermeiden – oftmals auf die sogenannten Incoterms der International Chamber of Commerce (ICC) verwiesen.
Dieses Regelwerk zur Auslegung nationaler und internationaler Handelsklauseln erleichtert die Abwicklung des weltweiten Handels. Durch den Verweis auf die Incoterms in einem grenzüberschreitenden Warenkauf- und Liefervertrag werden die jeweiligen Pflichten der Parteien in Bezug auf den Gefahrübergang, die Kosten und Transportmodalitäten die Verzollung und eben auch (Verzugs-)Schäden eindeutig festgelegt und damit das Risiko rechtlicher Missverständnisse und daraus folgender rechtlicher Auseinandersetzungen vermindert. Drei der als Standardklauseln verwendeten Incoterms finden beim Seetransport häufig Anwendung: CIF (Cost Insurance Freight), FOB (Free On Board) und FAS (Free Alongside Ship).
Klausel CIF: Zahlung des Kaufpreises mit dem Empfang der Dokumente
Bei der Verwendung der Klausel CIF geht die Pflichtenverteilung im Grundsatz zu Lasten des Verkäufers. Dieser Verkäufer hat die Ware zu verschicken, den Transport der Ware auf eigene Rechnung zu organisieren, auf eigene Kosten einen Versicherungsvertrag mit verkehrsüblicher Deckung abzuschließen und schließlich dem Käufer die entsprechenden Frachtdokumente zu übermitteln. Die Verpflichtung des Käufers besteht im Wesentlichen nur in der Zahlung des Kaufpreises. Wichtig ist, dass die Zahlung des Kaufpreises Zug um Zug mit dem Empfang der Dokumente durch den Käufer erfolgt und nicht erst wenn die Ware einlangt.
Solange daher die Frachtdokumente einwandfrei sind, muss der Käufer bei der Vereinbarung der Klausel CIF auch dann zahlen, wenn die Ware auf dem Transport beschädigt wird, verloren geht, oder – wie im Fall der Suezkanal-Havarie – verspätet eintrifft. Der Verkäufer hat nach Versendung der notwendigen Dokumente an den Käufer sämtliche Pflichten erfüllt und kann somit den Kaufpreis fordern.
Klauseln FOB und FAS: Bis zum Schiff oder „längsseits“ des Schiffes
Bei der Verwendung der Klausel FOB hat der Käufer den Transport und eine entsprechende Versicherung grundsätzlich selbst zu organisieren und die Transportkosten bzw. Versicherungsprämien zu begleichen. Der Verkäufer trägt demgegenüber sämtlichen Aufwand bis zur Verladung der Ware auf dem vom Käufer bekanntgegebenen Schiff. Der Kaufpreis beinhaltet nur den Warenpreis und wird mit Verladung der Ware fällig. Vergleichbar mit FOB übernimmt der Verkäufer bei der Vereinbarung der FAS-Klausel sämtlichen Aufwand sowie gänzlich Kosten und Risiken, bis die Waren „an der Längsseite des Schiffs“ angekommen sind. Der Verkäufer hat dabei nicht für die Verladung zu sorgen. Von hier an trägt der Käufer die Risiken und muss sich um die Verladung und den Transport kümmern.
Bei der Verwendung der Klauseln FOB und FAS gehen daher mit der Verladung bzw. Ablieferung der Waren beim Schiff Verantwortung und Risiken auf den Käufer über. Daher ergeben im Falle der (anschließenden) Havarie des Transportschiffes keine Ansprüche gegen den Verkäufer.
Damit bleibt Käufern nur die Möglichkeit, bei der jeweiligen Versicherung eine Regulierung ihrer Schäden zu beantragen.
Resümee
Festzuhalten ist damit, dass das internationale Handelsrecht sehr wohl auch auf Havarien größeren Ausmaßes eingerichtet ist. Freilich wird das havarierte Schiff im vorliegenden Fall tatsächlich so bald nicht kommen: Es ist durch ägyptische Behörden festgesetzt worden.