In unserer Ausgabe Juli 2016 hatten wir an dieser Stelle über abweichende Entscheidungen in der europäischen Rechtsprechung hinsichtlich der Frage berichtet, ob auch branchenfremde Erzeugnisse für ein eingetragenes Design neuheitsschädlich sein können. Diese Frage hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) als höchste Instanz nun verbindlich entschieden.
Zur Erinnerung: Ein eingetragenes Design entfaltet nur dann Schutz, wenn die geschützte Erscheinungsform im Zeitpunkt der Eintragung neu ist bzw. Eigenart aufweist. Die Erscheinungsform darf also im Zeitpunkt der Eintragung noch nicht – von engen Ausnahmen abgesehen – der Öffentlichkeit bekannt sein. War die Erscheinungsform also bereits zuvor dem Verkehr bekannt, ist diese vorbekannte Erscheinungsform für das eingetragene Design neuheitsschädlich, mit der Folge, dass das Design keine Wirkung entfaltet.
Uneins waren sich die europäischen Gerichte nun, ob auch Produkte aus anderen Industriezweigen neuheitsschädlich sein können. Dies hatten britische Gerichte bejaht in einem Fall, in dem ein Design für eine Wäschetrocknerkugel angemeldet worden war, wobei die noppenartige Kugel identisch zu einer vorbekannten Massagekugel war. Verneint hatte dies das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg in einem Fall, in dem ein Design für einen Kaminofen bereits identisch war mit einem vorbekannten Deko-Artikel in Heizofenform.
Diesen Zwist hat der EuGH mit Urteil vom 21.09.2017 nun aufgelöst und entschieden, dass eine ältere Erscheinungsform für ein eingetragenes Design auch dann neuheitsschädlich sein kann, wenn diese Erscheinungsform für ein vollkommen anderes Produkt aus einem anderen Industriezweig verwendet worden ist.
Der EuGH begründet diese Entscheidung mit der weitreichenden Schutzwirkung eines eingetragenen Designs. Das Design ist nämlich nicht auf das Erzeugnis beschränkt, für welches das Design eingetragen ist. Wer etwa über ein Design in Form einer Getränkeflasche verfügt, kann ein entsprechendes, späteres Design verbieten lassen, auch wenn das angegriffene Design beispielsweise für eine Tischlampe (in Getränkeflaschenform) verwendet wird. Dieser branchenübergreifende Schutzumfang eines Designs bedingt nach Auffassung des EuGH, dass dem eingetragenen Design eine identische vorbekannte Erscheinungsform entgegen gehalten werden kann, auch wenn es sich um ein anderes Erzeugnis handele (in dem Beispielsfall etwa eine ältere Blumenvase in identischer Getränkeflaschenform).
Die Entscheidung des Gerichtshofs ist zu begrüßen. Um die Schutzwirkung eines Designs nicht ausufern zu lassen, ist es sachgerecht, auch branchenfremde ältere Produkte dem eingetragenen Design entgegen halten zu können, wenn das Design auch gegen jüngere Produkte anderer Branchen wirken kann.
Mit einer Designeintragung kann jede noch so puristische Erscheinungsform geschützt werden. Auch einzelne Teile eines Produktes können als Design eingetragen werden – in dem Beispielsfall etwa nur der Flaschenhals in Alleinstellung –, was dem Designanmelder ein breites Spektrum an Möglichkeiten eröffnet, ein Produkt gegen befürchtete Nachahmungen schützen zu lassen. Zukünftig sind in die Anmeldestrategie einer Designanmeldung auch ältere branchenfremde Erscheinungsformen mit einzubeziehen.