Am 01.01.2022 trat das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) in Kraft. Ziel des Gesetzes ist, die steuerlichen Rahmenbedingungen insbesondere für mittelständische Personengesellschaften und Familienunternehmen zu verbessern und gleichzeitig das Unternehmenssteuerrecht weiter zu internationalisieren. Kern des Gesetzes ist das steuerliche Optionsmodell, das Personengesellschaften die Möglichkeit einräumt, wie eine Kapitalgesellschaft besteuert zu werden.
Personen- und Kapitalgesellschaften unterliegen bisher unterschiedlichen Besteuerungsprinzipien: Für Kapitalgesellschaften gilt das Trennungsprinzip, also die jeweils gesonderte Besteuerung der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter. Die Kapitalgesellschaft zahlt zunächst Körperschaft- und Gewerbesteuer. Kapitalertragsteuer fällt für den Gesellschafter erst bei einer Ausschüttung an. Bei der Personengesellschaft greift das Transparenzprinzip, wonach Gewinne der Personengesellschaft – und zwar unabhängig von einer Entnahme! – beim Gesellschafter der Einkommensteuer unterliegen, wobei ihm die von der Gesellschaft gezahlte Gewerbesteuer teilweise angerechnet wird. Die Gesamtsteuerbelastung beträgt bei einer Personengesellschaft – wiederum unabhängig von einer Ausschüttung – bis zu 47 %. Bei der Kapitalgesellschaft fallen bei Thesaurierung dagegen nur rund 30 % Steuern an. Das steuerliche Optionsmodell begründet nun das Wahlrecht für Personengesellschaften, sich steuerlich wie Kapitalgesellschaften behandeln zu lassen.
Der Wechsel des Besteuerungsregimes ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2022 möglich. Um die Option auszuüben, muss ein entsprechender Antrag spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres gestellt werden, ab dem die Gesellschaft wie eine Kapitalgesellschaft besteuert werden soll. Für Gesellschaften, deren Geschäftsjahr mit dem 01.01.2022 beginnt, war folglich ein Antrag spätestens bis zum 30.11.2021 zu stellen.
Der Antrag ist von dem geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Gesellschafter zu stellen. Sieht der Gesellschaftsvertrag insoweit eine Mehrheitsentscheidung der Gesellschafter vor, muss diese mindestens 3/4 der abgegebenen Stimmen betragen. Enthält ein Gesellschaftsvertrag eine Angabe zu Mehrheitsentscheidungen mit Blick auf Umwandlungsmaßnahmen, ist zu beachten, dass das Optionsmodell weitreichende rechtliche und wirtschaftliche Veränderungen mit sich bringt. Hier empfiehlt sich dringend eine vorhergehende Prüfung und bei Bedarf eine Anpassung des Gesellschaftsvertrages.
Wird zur Körperschaftsteuer optiert, unterliegen nicht entnommene Gewinne auf Ebene der optierenden Personengesellschaft der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer und somit einer Besteuerung von rund 30 %. Bei Entnahme dieser Gewinne durch die Gesellschafter ist wie bei einer Gewinnausschüttung durch eine Kapitalgesellschaft Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen. Da allein die Möglichkeit zur Entnahme – wie sie regelmäßig in Gesellschaftsverträgen von Personengesellschaften vorgesehen ist – eine Ausschüttungsbesteuerung verlangt, bedarf es auch insoweit einer kritischen Prüfung des zugrundeliegenden Gesellschaftsvertrags der optierenden Gesellschaft.
Ebenfalls zu beachten sind die umstellungsbedingten Steuerfolgen. Für alle Ertragsteuern und auch verfahrensrechtlich erfolgt eine vollständige Gleichstellung mit einer Kapitalgesellschaft. In der Folge führen Leistungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft nicht mehr zu Sondervergütungen, sondern bei der Gesellschaft zu Betriebsausgaben und beim Gesellschafter zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen. Im Falle einer Veräußerung von Anteilen an der optierenden Personengesellschaft unterliegt die Besteuerung den Bestimmungen bezüglich des Verkaufs des Anteils an einer Kapitalgesellschaft. Erfolgt der Wegzug eines Gesellschafters, könnte die sogenannte Wegzugsbesteuerung zur Anwendung kommen, mit der Folge des steuerpflichtigen Aufdeckens stiller Reserven. Umfangreiches Sonderbetriebsvermögen kann ein Antragshemmnis darstellen, weil dieses vorab in die Gesellschaft eingebracht werden muss, damit der fiktive Formwechsel steuerneutral erfolgen kann. Auch ist nach dem steuerlichen Formwechsel eine siebenjährige Sperrfrist zu beachten. Gewerbesteuerliche Verlustvorträge der Personengesellschaft fallen weg.
Vor Ausübung der Option muss ein individueller Steuerbelastungsvergleich erfolgen, ob der Wechsel nach den individuellen Verhältnissen überhaupt sinnvoll ist. Es sind ferner die konkreten steuerlichen Folgen des fiktiven Formwechsels für die Gesellschaft und die Gesellschafter zu beurteilen. Insbesondere aber muss der Gesellschaftsvertrag überprüft und wahrscheinlich angepasst werden, um keine bösen Überraschungen nach dem „Ankreuzen“ zu erleben.