Die Diskussion um Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen wird überwiegend auf die zivilrechtliche Frage konzentriert und reduziert, ob eine Abfindungsklausel wirksam ist. Nach dem gesetzlichen Leitbild (§ 738 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) soll sich die Abfindung eines ausscheidenden Gesellschafters an dem anteiligen Verkehrswert des Unternehmens orientieren.
In aller Regel enthalten die Gesellschaftsverträge jedoch Klauseln, nach denen die Abfindung geringer ausfallen soll. Dies dient dem Schutz des Unternehmens und der verbleibenden Gesellschafter, die durch eine am vollen Verkehrswert orientierte Abfindung stark belastet werden und häufig die Finanzierung nicht darstellen können, zumal Banken bei der Finanzierung von Abfindungsbeträgen sehr zurückhaltend sind. Daher werden häufig Buchwertklauseln, niedrige Ertragswertklauseln oder Mischformen vereinbart. Der Bundesgerichtshof (BGH) prüft diese Klauseln zunächst danach, ob von Anfang an ein objektives Missverhältnis zwischen dem Wert der Beteiligung und der vertraglichen Abfindung vorliegt (Folge: Sittenwidrigkeit und damit Nichtigkeit gem. § 138 BGB) oder ob einem Gesellschafter durch die zu niedrige Abfindung das Recht zur Kündigung erschwert wird (§ 723 Abs. 3 BGB mit der Folge der Unwirksamkeit). Wenn eine Klausel anfangs zwar wirksam ist, dann aber die Wertverhältnisse zwischen der Unternehmensbeteiligung und der Abfindungsklausel stark auseinanderklaffen, dann kommt eine Anpassung der Abfindung in Betracht (ergänzende Vertragsauslegung gem. §§ 133, 157 BGB). Diese zivilrechtlichen Fragen sollen hier nicht diskutiert werden. Vielmehr soll das Augenmerk darauf gelenkt werden, dass bei verschiedenen Sachverhaltskonstellationen durch die Ausgestaltung von Abfindungsklauseln gravierende Steuerrisiken bestehen können, die zu einer weiteren Steuerbelastung zusätzlich zur Abfindung für das Unternehmen oder die verbleibenden Gesellschafter führen können.
- Zeitnahe Weiterveräußerung des Anteils des ausscheidenden Gesellschafters
Häufig sind die Fälle so gelagert, dass ein Gesellschafter ausscheidet und seine Abfindung erhält, die verbleibenden Gesellschafter dann aber sehr schnell einen neuen Gesellschafter aufnehmen, sei es um die Fachkompetenz des ausgeschiedenen Gesellschafters zu ersetzen, sei es um die Belastung aus der Finanzierung der Abfindung zu kompensieren oder sei es um einen Nachfolger aufzubauen.
Handelt es sich bei der Gesellschaft um eine Personengesellschaft, dann wächst den verbleibenden Gesellschaftern der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters an (Anwachsungsprinzip), d. h. der nominell unveränderte Gesellschaftsanteil erhöht sich quotenmäßig. Wenn beispielsweise zunächst A, B und C mit jeweils 1/3 am Kommanditkapital beteiligt waren, dann sind nach einem Ausscheiden von C anschließend A und B mit jeweils 50 % an der Kommanditgesellschaft beteiligt. Die Gesellschaft selbst ist mit der Verbindlichkeit zur Zahlung der Abfindung belastet. Wenn die verbleibenden A und B die Fachkompetenz von C im Management ersetzen und die Belastung mit der Abfindung kompensieren wollen, dann verkaufen sie aus ihrer Beteiligung jeweils 1/6 an D zu dem Preis, der der an C gezahlten Abfindung entspricht. Auf den ersten Blick würde man denken, dass dieser Vorgang für A und B steuerneutral ist. Denn zum einen wächst ihnen der Anteil von C zu, zum anderen geben sie ihn zum gleichen Preis wieder an D ab. Anders behandelt die Finanzverwaltung diesen Fall:
Die Finanzverwaltung argumentiert, ein Kommanditist – wie hier A und B – könne nur eine einheitliche Beteiligung halten, d. h. der von C zugewachsene Anteil sei rechtlich nicht selbstständig. Daher müssten die durchschnittlichen Anschaffungskosten für die Gesamtbeteiligung ermittelt werden. Wenn A und B dann ihre ursprüngliche Beteiligung beispielsweise zu einem ganz niedrigen Betrag (Buchwert) erworben haben, dann sind die durchschnittlichen Anschaffungskosten aus dem selbst erworbenen Anteil und dem durch C angewachsenen Anteil deutlich niedriger als die anteilige Abfindung an C. In Höhe dieses Betrages liegt dann ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn bei A und B vor. Um eine solche Steuerfalle zu vermeiden, bietet es sich an, in der Abfindungsklausel des Gesellschaftsvertrages zusätzlich eine zusätzliche Andienungsklausel zu vereinbaren, nach der der ausscheidende Gesellschafter auf Verlangen der Gesellschaft seine Beteiligung an eine von der Gesellschaft oder den verbleibenden Gesellschaftern benannte Person zum Preis in Höhe der Abfindung abtreten muss.
- Entstrickungstatbestände beim Vorhandensein von Sonderbetriebsvermögen
Wenn ein Gesellschafter einerseits an einer Personengesellschaft beteiligt ist und andererseits zivilrechtlich Alleineigentümer von Vermögensgegenständen ist, die er – sei es unentgeltlich oder sei es mietweise oder sei es darlehensweise – der Gesellschaft überlässt, dann liegt sog. Sonderbetriebsvermögen vor. Häufig handelt es sich bei solchen Vermögensgegenständen um Grundbesitz, der zivilrechtlich im Eigentum des Gesellschafters steht, der aber von der Gesellschaft genutzt wird. In Betracht kommen aber auch Maschinen, Pkw u. a.. – Die steuerliche Qualifikation als Sonderbetriebsvermögen bedeutet, dass der betreffende Vermögensgegenstand steuerverstrickt ist. Wenn dann der Gesellschafter seine Beteiligung an der Gesellschaft veräußert oder verschenkt, andererseits aber den betreffenden Vermögensgegenstand, z. B. das Grundstück zurückbehält (möglicherweise zur Vereinnahmung der Miete als Teil seiner Altersversorgung), dann führt dies zu einer Zwangsentnahme des Grundstücks aus dem Sonderbetriebsvermögen mit der Folge, dass die Differenz zwischen Verkehrswert und Buchwert zu versteuern ist. – Diese Steuerfalle kann dadurch vermieden werden, dass das Sonderbetriebsvermögen zeitlich vor dem Ausscheiden aus der Gesellschaft z. B. in eine gewerbliche geprägte GmbH & Co. KG eingebracht wird. Die Einbringung ist steuerneutral möglich (§ 6 Abs. 3 Einkommensteuergesetz [EStG]). Durch die erneute steuerliche Verstrickung in der gewerblich geprägten GmbH & Co. KG kommt es dann bei einer Veräußerung / Verschenkung der Beteiligung nicht zu einer Zwangsentnahme (zuletzt: Urteil des Bundesfinanzhofes [BFH] vom 10.03.2016).
- Verstoß gegen Sperr- und Haltefristen
Zahlreiche steuerneutrale Umstrukturierungen sehen – unterschiedlich lange – Sperr- und Behaltefristen vor. Dies bedeutet, dass bei einem Verstoß gegen diese Fristen die Umstrukturierung rückwirkend nicht mehr steuerneutral ist. Hierzu folgendes Beispiel:
A und B sind mit jeweils 50 % an einer GmbH beteiligt. Im Jahr 2014 setzen sie sich in der Weise auseinander, dass jeder von ihnen im Wege einer Spaltung einen (gleichwertigen) Teilbetrieb übernimmt. Ein Jahr später schenkt B seine Beteiligung an dem von ihm im Wege der Spaltung übernommenen Betrieb seinem Sohn. Dieser muss die Beteiligung im Jahr 2017 gegen Abfindung an seinen Bruder zwangsabtreten, weil in der Person des Sohnes ein wichtiger Grund vorliegt.
Diese Zwangsabtretung stellt einen nachträglichen Entstrickungstatbestand dar, der jetzt die gesamte Spaltung im Jahr 2014 betrifft. Auch für A, der mit dem Geschehen in der Familie von B nichts zu tun hat, ist die Spaltung nachträglich nicht mehr steuerfrei. Um diese Steuerfalle zu vermeiden, hätten Regelungen im Spaltungs- und / oder im Schenkungsvertrag getroffen werden müssen, wonach entweder innerhalb der steuerlichen Behaltefrist solche Transaktionen in der Familie von B unzulässig sind oder B ggf. die Steuern von A übernehmen muss.
- Rückwirkendes Ausscheiden – Unterschiede im Zivil- und Steuerrecht
Wenn ein Gesellschafter beispielsweise zum 30.06. eines Jahres aus einer Kommanditgesellschaft ausscheidet, dann sehen die Gesellschaftsverträge häufig vor, dass maßgeblich für das Abfindungsguthaben der Jahresabschluss zum 31.12. des Vorjahres ist und der ausscheidende Gesellschafter an dem Ergebnis des laufenden Geschäftsjahres (01.01. bis 30.06.) nicht mehr beteiligt ist, sondern diese Gewinne oder Verluste die verbleibenden Gesellschafter treffen. Eine solche Regelung ist zivilrechtlich durchaus sinnvoll, weil dadurch die Erstellung eines Zwischenabschlusses auf den 30.06. mit allen Problemen und Kosten vermieden werden kann. Zivilrechtlich ist ein solches rückwirkendes Ausscheiden auch durchaus zulässig. Steuerlich ist dies bei Personengesellschaften indessen nicht zulässig; vielmehr nimmt der zum 30.06. ausscheidende Gesellschafter zwingend an dem Ergebnis des 1. Halbjahres bis zu seinem Ausscheiden teil. Dies bedeutet, dass der ausscheidende Gesellschafter die Gewinne des 1. Halbjahres auch dann zu versteuern hat, wenn sie ihm zivilrechtlich nicht zustehen. – Hier bedarf es im Gesellschaftsvertrag einer zusätzlichen Regelung, dass der ausscheidende Gesellschafter einen Anspruch gegen die verbleibenden Gesellschafter auf Erstattung der Einkommensteuer hat. Darüber hinaus muss eine Regelung zur Anrechnung der Gewerbesteuer getroffen werden.
- Auszahlung der Abfindung in Raten
Häufig sehen Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen die Regelung vor, dass die Abfindung nicht in einer Summe, sondern in Raten (z. B. 5 Jahre oder sogar 10 Jahre) gezahlt wird. Dies hat den nachvollziehbaren und vernünftigen Grund, bei hohen Abfindungen die Liquidität des Unternehmens nicht zu stark einzuschränken, zumal – darauf wurde schon oben hingewiesen – Banken bei der Finanzierung von Abfindungszahlungen an ausscheidende Gesellschafter sehr zurückhaltend sind. Zivilrechtlich sind solche Ratenzahlungsvereinbarungen durchaus zulässig, jedenfalls dann, wenn die ausstehenden Raten angemessen verzinst werden. Die Stellung von Sicherheiten ist zivilrechtlich nicht erforderlich. – Steuerlich werden solche Ratenzahlungen nicht anerkannt. Vielmehr muss der ausscheidende Gesellschafter auch dann, wenn er die Abfindung nur in 5 oder 10 Jahresraten erhält, im Jahr des Ausscheidens die volle Abfindung versteuern. Auch hier besteht Gestaltungsbedarf, um die Interessen der Gesellschaft an einer Aufrechterhaltung der Liquidität und die Interessen des ausscheidenden Gesellschafters zur Finanzierung der Steuerbelastung angemessen auszugleichen.