Schutz des Geschäftsführers vor Verjährung seiner Ansprüche gegen die D&O-Versicherung

Wenn zwei sich einig sind, grämt sich der Dritte (Gerd W. Heyse, 1930 – 2020)

Oftmals wähnt sich der Geschäftsführer in einer misslichen Lage, in der er das Risiko der Durchsetzbarkeit seines Freistellungsanspruches gegen seine D&O-Versicherung alleine trägt, wenn es aufgrund seiner Pflichtverletzung zu einem Schaden für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gekommen ist. Für diese Schäden ist oftmals zwar eine Versicherung abgeschlossen worden, aber letztlich hat der Geschäftsführer grundsätzlich nur einen Freistellungsanspruch gegen die D&O-Versicherung, um dessen Durchsetzung er sich selbst kümmern muss. Demzufolge trägt er beispielsweise grundsätzlich selbst das Risiko, dass sein Freistellungsanspruch gegen die Versicherung verjährt, wenn er nicht rechtzeitig verjährungshemmende Maßnahmen ergreift.

Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig hat in einer aktuellen Entscheidung (Urt. v. 26.02.2024, 16 U 93/23, nicht rechtskräftig) dem Geschäftsführer nun allerdings den Rücken für den Fall gestärkt, dass der Geschäftsführer seinen Freistellungsanspruch an die GmbH abgetreten hat. In dem dortigen Fall war es zu einem erheblichen Schaden der GmbH gekommen und die GmbH nahm den Geschäftsführer auf Schadensersatz in Anspruch, weil er es unterlassen hatte, für einen ausreichenden Versicherungsschutz der GmbH zu sorgen. Es ging um einen Brandschaden, der aufgrund unzureichenden Versicherungsschutzes nur teilweise von der Brandschadenversicherung übernommen worden war. Der Geschäftsführer hatte es unterlassen, die Angemessenheit der Versicherungssumme laufend zu überprüfen, wozu ein Geschäftsführer grundsätzlich jedoch verpflichtet ist. Die GmbH verlangte daher von ihrem Geschäftsführer Schadensersatz.

Der Geschäftsführer und die GmbH vereinbarten daraufhin, dass der Geschäftsführer seinen Freistellungsanspruch gegen die D&O-Versicherung an die GmbH abtritt. Die GmbH verlangte nach der Abtretung dann den Ersatz des Schadens aus abgetretenem Recht direkt von der D&O-Versicherung. Die Versicherung berief sich sodann u. a. auf die mittlerweile eingetretene Verjährung des Anspruches des Geschäftsführers und hielt dies der GmbH entgegen.

Das OLG Schleswig entschied zugunsten des Geschäftsführers bzw. der GmbH, dass sich die D&O-Versicherung in dieser Konstellation nicht auf die Verjährung berufen könne. Denn wenn ein Geschäftsführer seinen Freistellungsanspruch gegen die D&O-Versicherung an die GmbH abtritt, wandele sich der Freistellungsanspruch des Geschäftsführers in einen unmittelbaren Zahlungsanspruch der GmbH gegen die D&O-Versicherung. Dieser Zahlungsanspruch könne allerdings nicht verjähren, solange die GmbH ihren Anspruch gegen die D&O-Versicherung vor Gericht verfolgt. Denn die Verjährung des Haftungsanspruches der GmbH gegen ihren Geschäftsführer sei für die Dauer der Anspruchsverfolgung gegenüber dem D&O-Versicherer gehemmt und ein Haftungsprozess gegen den Geschäftsführer während dieser Zeit sogar unzulässig.

Damit hatte die D&O-Versicherung letztlich das Nachsehen. Denn sie hätte sich wohl auf die Verjährung mit Erfolg berufen können, wenn nicht der Geschäftsführer seinen Freistellungsanspruch gegen die D&O-Versicherung an die GmbH abgetreten hätte. Diese Abtretung konnte die D&O-Versicherung nicht verhindern. Zur Begründung führte das OLG aus, dass mit der Abtretung, also dem Vertrag zwischen dem Geschäftsführer und der GmbH ohne Beteiligung der D&O-Versicherung, auch ein Stillhalteabkommen zustande gekommen sei, wonach die GmbH ihren Geschäftsführer für die Dauer des Prozesses gegen die D&O-Versicherung nicht in Anspruch nehmen dürfe und die Verjährung des Haftpflichtanspruches während dieses Deckungsprozesses infolge des Stillhalteabkommens gehemmt sei. Hintergrund hierfür ist eine gesetzliche Bestimmung des § 205 Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), wonach die Verjährung eines Anspruches gehemmt ist, solange ein Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist.

Bemerkenswert an dieser Entscheidung ist – was zuvor allerdings auch schon der Bundesgerichtshof (BGH) festgestellt hatte – zum einen, dass durch diese Gestaltung der Versicherung der Verjährungseinwand zumindest für eine gewisse Zeit aus der Hand geschlagen werden kann. Die Entscheidung erinnert zum anderen aber nochmals jeden Geschäftsführer daran, dass er grundsätzlich dazu verpflichtet ist, den Versicherungsschutz der Gesellschaft laufend (!) zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Dies wird in der Praxis oftmals vernachlässigt. Nach der Rechtsprechung kann es hierfür zwar unter Umständen ausreichen, einen Versicherungsmakler mit der entsprechenden fortlaufenden Überprüfung zu beauftragen. Dann sollte der Geschäftsführer jedoch zu seiner eigenen Absicherung darauf achten, dass ein entsprechender Maklerauftrag im Streitfall auch nachweisbar ist, so etwa aufgrund einer schriftlichen Dokumentation, beispielsweise in Form eines E‑Mail‑Austausches.

Auch dann wird sich die Versicherung als der sprichwörtliche Dritte allerdings wohl immer noch grämen müssen, wenn sich die anderen beiden (Geschäftsführer und GmbH) einig sind.

  • Dr. Steffen Lorscheider, LL.M.

    • Rechtsanwalt und Notar
    • Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht