Sophokles meinte bekanntlich, niemand liebe den Boten unwillkomm’ner Mär‘. Vielleicht ist dies jedoch nicht uneingeschränkt und in allen Konstellationen zutreffend, denn in Einzelfällen kann sich ein Bote doch als äußerst hilfreich erweisen.
So zeigt ein Urteil des Kammergerichts (KG) in Berlin (Urt. v. 08.12.2022, 23 U 111/22), dass die Zustellung durch einen privaten Kurierdienst genügen kann, um der im Gesetz grundsätzlich vorgeschriebenen Form des eingeschriebenen Briefes im Sinne des § 51 Abs. 1 Satz 1 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) zu genügen. In dem dort zu entscheidenden Fall meinte der betroffene Gesellschafter, dass er nicht ordnungsgemäß zur Gesellschafterversammlung eingeladen worden sei, weil die im Gesetz vorgeschriebene Form für die Einberufung zu der Gesellschafterversammlung einer GmbH nicht eingehalten worden sei. Denn nur ein privater Kurierdienst habe die Einladung überbracht.
Das KG hat demgegenüber festgestellt, dass – rein formal – zwar die Zustellung durch einen privaten Kurierdienst nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form eines eingeschriebenen Briefes genüge. Gleichwohl könne sich der betroffene Gesellschafter allein hierauf nicht als Einberufungsmangel berufen, um die Ergebnisse der Gesellschafterversammlung anzugreifen. In der Rechtsprechung ist nämlich anerkannt, dass nur dann ein Verfahrensverstoß hierzu berechtigt, der das Mitgliedschafts- bzw. Partizipationsrecht des Gesellschafters in relevanter Weise beeinträchtigt, was zur Folge hat, dass dem Gesellschafterbeschluss nach wertender Betrachtung ein Legitimationsdefizit anhaftet, das die Rechtsfolge der Anfechtbarkeit rechtfertigt. Eine Anfechtbarkeit ist danach also ausgeschlossen, wenn dem rein formalen Verfahrensverstoß die für eine sachgerechte Meinungsbildung eines objektiv urteilenden Gesellschafters erforderliche Relevanz fehlt. Wo eine konkrete Beeinträchtigung der Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte eines Gesellschafters also nicht festgestellt werden kann, entfällt die Anfechtbarkeit der Gesellschafterbeschlüsse dann trotz des Einberufungsmangels.
Das KG sah eine derart relevante Beeinträchtigung der Rechte des Gesellschafters nicht gegeben, wenn die Übermittlung der Einberufung mittels privaten Kurierdienstes anstelle eines eingeschriebenen Briefes erfolgt. Die Einberufung sei dem Gesellschafter rechtzeitig zugegangen. Auswirkungen auf die Möglichkeit des Gesellschafters an der einberufenen Versammlung teilzunehmen, seien ebenfalls nicht ersichtlich. Vielmehr könne davon ausgegangen werden, dass er sich hier in gleicher Weise wie bei einer Einladung durch ein Einschreiben von der Versammlung Kenntnis verschaffen, sich darauf ausreichend vorbereiten und an ihr auch teilnehmen konnte. Unabhängig von dem Fehlen einer vom Empfänger bei Entgegennahme eines Übergabe-Einschreibens zu leistenden Unterschrift sei die Übergabe des Schreibens durch einen privaten Kurierdienst sogar noch etwas Besonderes, weil durch die Unterschrift auch die vom Gesetz bezweckte Warnfunktion gewahrt sei.
Diese Entscheidung knüpft zwar bereits an eine gefestigte Rechtsprechung an und ist insoweit eigentlich nichts Neues. Sie mahnt jedoch zur Vorsicht, wenn ein betroffener Gesellschafter meint, alleine ein formaler Verstoß im Zusammenhang mit der Einladung zur Gesellschafterversammlung würde die dort gefassten Gesellschafterbeschlüsse leicht angreifbar machen. Wenn seine Hoffnung, allein die Zustellung durch einen privaten Kurierdienst gebe ihm immer einen ausreichenden Anfechtungsgrund, dann enttäuscht wird, stimmt es vielleicht doch, dass er den Boten unwillkomm’ner Mär‘ nicht mag, wie Sophokles es bereits feststellte. Sophokles hatte also doch recht.