Synthetische Festzinsdarlehen, eine Kombination aus variablem Darlehen und Swap-Vertrag mit fester Zinszahlungspflicht und Laufzeit, sind ein alter Hut im Rahmen der Unternehmens- und Projektfinanzierung. Umstritten war bislang, ob die Kündigungsregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu Festzinsdarlehen auf diese „synthetischen“ Vertragskonstruktionen Anwendung finden mit der Folge, dass jedenfalls nach 10 Jahren eine Kündigung von Darlehens- und Swap-Vertrag möglich ist. Diesen Meinungsstreit in Rechtsprechung und Literatur hat der Bundesgerichtshof ((BGH), Urt. v. 14.03.2023, XI ZR 420/21) nunmehr dahingehend entschieden, dass eine ordentliche Kündbarkeit solcher Vertragskonstruktionen nicht aus den Regelungen zur ordentlichen Kündbarkeit von Festzinsdarlehen hergeleitet werden kann; eine Vertragsaufhebung erfordert vielmehr eine entsprechende Einigung und ggf. auch die Zahlung eines negativen Marktwertes.
Wie kam es zu der Entscheidung?
Der BGH-Entscheidung lag die Finanzierung eines größeren Bauprojektes (Pflegeheim) über EUR 4 Mio. zugrunde. Das durchführende Unternehmen nahm hierzu ein entsprechendes Darlehen bei einer Bank auf. Vereinbart war ein variabler Zins in Gestalt des 3-Monats-Euribor zzgl. einer anfänglichen Zinsmarge von 0,6 %. Zusätzlich wurde zwei Tage später – mit einem Kooperationspartner der Bank – ein Zins- und Währungs-Swap mit fester Laufzeit von 22 Jahren abgeschlossen. Dieses Swap-Geschäft sollte, dies war im Verfahren unstreitig, das Zinsrisiko abdecken, indem in der wirtschaftlichen Gesamtschau beider Verträge das durchführende Unternehmen nur einen zuvor definierten festen Zinssatz zu zahlen hatte (sog. „synthetisches Festzinsdarlehen“).
Ein Rechtsstreit wurde deshalb aus der Sache, weil der Darlehensnehmer nach 10 Jahren die Beendigung und vorzeitige Rückführung des Darlehensvertrages und mit ihm nachvollziehbarerweise auch des Swap-Vertrages beabsichtigte, der Swap-Vertrag zu diesem Zeitpunkt aber einen negativen Marktwert von ca. EUR 1,65 Mio. aufwies.
Das durchführende Unternehmen berief sich darauf, dass gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB Festzinsdarlehen nach vollständiger Valutierung jedenfalls nach 10 Jahren ordentlich gekündigt werden können. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise, so das finanzierende Unternehmen, stelle sich die Vertragskombination von Darlehens- und Swap-Vertrag als Festzinsdarlehen dar, sodass die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB unmittelbar, jedenfalls aber analog auf den Sachverhalt anzuwenden sei. Man sei daher zur Kündigung beider Verträge berechtigt und zwar ohne eine Zahlung des von der Bank für die Auflösung verlangten negativen Marktwertes.
Die Entscheidung des BGH
Dem erteilte der BGH eine Absage. Eine unmittelbare Anwendung des § 489 BGB auf Swap-Verträge scheide aus. Die Vorschrift beziehe sich nur auf Darlehensverträge. Unerheblich sei insoweit, dass der Swap-Vertrag im Zusammenhang mit dem Darlehen abgeschlossen worden sei. § 489 BGB sei aber auch nicht entsprechend (analog) auf „synthetische Festzinsdarlehen“ anwendbar. Dies gelte auch selbst dann nicht, wenn gewisse weitere Bedingungen hinzutreten würden, wie z. B. identische Vertragsparteien in beiden Geschäften, enger zeitlicher Zusammenhang und aufeinander abgestimmte Beträge (im streitgegenständlichen Fall lagen schon keine identischen Parteien vor). Der BGH führt hierzu umfangreich aus, dass eine planwidrige Regelungslücke fehle. Der Gesetzgeber habe die gesetzlichen Regelungen bewusst nur für Darlehensverträge gestaltet. Schon bei Einführung der gesetzlichen Regelungen seien in der Rechtswissenschaft „synthetische Festzinsdarlehen“ diskutiert worden, ohne dass der Gesetzgeber diesbezüglich Handlungsbedarf erkannt habe (ob dies vor dem Hintergrund, wie manche Gesetze entstehen, tatsächlich ein durchschlagendes Argument ist, sei einmal dahingestellt). Laut BGH gebe es aber auch keine vergleichbare Interessenlage. Immerhin schließe das finanzierende Unternehmen bewusst zwei rechtlich selbstständige Verträge ab, sodass die Interessenlage nicht mit der bei einem einzigen festverzinslichen Darlehen vergleichbar sei (ob für finanzierende Unternehmen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise tatsächlich ein unterschiedliches Interesse besteht, sei ebenfalls dahingestellt).
Bedeutung für die Praxis
Ob die Argumentation des BGH nachvollziehbar ist oder nicht, soll an dieser Stelle nicht besprochen werden. Fakt ist jedenfalls, dass die Nicht-Anwendbarkeit des § 489 BGB auf „synthetische Festzinsdarlehen“ nunmehr die Rechtswirklichkeit darstellt, die künftig zu beachten ist. Bei der Vertragsgestaltung im Rahmen von Unternehmens- und sonstigen Projektfinanzierungen ist daher umso mehr darauf zu achten, dass unterschiedliche Vertragswerke, die aus Sicht des finanzierenden Unternehmens jedoch eine wirtschaftliche Einheit darstellen sollen, gut aufeinander abgestimmt und miteinander harmonisiert werden. Wie der Sachverhalt zeigt, können z. B. unabgestimmte Laufzeiten zusammenhängender Verträge zu erheblichen wirtschaftlichen Schäden führen. Dies gilt selbstverständlich auch für weitere Vertragsklauseln, wie z. B. Zinsanpassungsregelungen.