Schriftformerfordernisse bei der Gestaltung von Gewerbemiet- und Architektenverträgen

Vertragsgestaltungen im Immobilienrecht sind anspruchsvoll. Welche gegebenenfalls existenzgefährdenden Probleme bei nicht ausreichender Sorgfalt drohen, beleuchtet dieser Beitrag, wobei der Fokus auf Schriftformerfordernisse gerichtet ist.

Gewerbemietvertrag

Ein Mietvertrag über Geschäftsräume, der – wie im Regelfall – eine Laufzeit von mehr als einem Jahr enthält, bedarf nach §§ 578, 550, 126 BGB der Schriftform. § 550 BGB ist nicht abdingbar und unterliegt nicht der Dispositionen der Parteien. Wird gegen dieses Schriftformerfordernis verstoßen, hat dies keine Auswirkung auf die materiell-rechtliche Wirksamkeit des Vertrages. Allerdings gilt der Mietvertrag dann als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, sodass er ohne Berücksichtigung der ursprünglich vorgesehenen Festmietzeit bereits nach Ablauf eines Jahres nach Überlassung der Mietsache unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist von beiden Vertragsparteien gekündigt werden kann. Bedenkt man, wie kurz die gesetzliche Kündigungsfrist ist (§ 580a BGB: ordentliche Kündigung spätestens am 3. Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres zulässig) wird deutlich, wie schnell ein ursprünglich bei Geschäftsräumen üblicherweise lang angelegtes Mietverhältnis plötzlich enden kann.

Die Brisanz des Schriftformerfordernisses ergibt sich nicht nur aus den gravierenden Konsequenzen eines Verstoßes, sondern auch aus den hohen Anforderungen für die Einhaltung der Schriftform. Maßgeblicher Zweck des Schriftformerfordernisses ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) der Schutz des Erwerbers, der in Fällen des § 566 Abs. 1 BGB auf Vermieterseite in den Mietvertrag eintritt. Aus diesem Grund soll der Erwerber schon aus der Mietvertragsurkunde ersehen können, in welche langfristigen vertraglichen Regelungen er eintritt. Insofern bedürfen sämtliche wesentlichen Vertragsinhalte der Schriftform. Dazu einige Beispiele, die in der Praxis im Rahmen der Vertragsgestaltung und Vertragsumsetzung als Probleme vielfach zunächst unerkannt bleiben.

Wird der Mietvertrag mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) abgeschlossen, ist darauf zu achten, dass entweder alle Gesellschafter der GbR den Vertrag unterschreiben oder eine Person für die GbR mit ausdrücklichem Vertreterzusatz und Benennung des Vertretungsverhältnisses im Rubrum unterschreibt. Alternativ kann auch eine Vollmacht als Anlage dem Mietvertrag beigefügt werden, die die Vertretungsverhältnisse dokumentiert. Hintergrund ist, dass anders als beispielsweise bei einer GmbH für die GbR keine Registereintragungen bestehen, in die der Erwerber einsehen und sich über Vertretungsverhältnisse informieren kann. Insofern muss die Vertreterstellung deutlich aus der Mietvertragsurkunde hervorgehen.

Wird während eines laufenden Mietverhältnisses beispielsweise die Fälligkeit der Miete geändert, um damit möglicherweise einem Wunsch des Mieters zu entsprechen, muss diese Vertragsänderung schriftlich abgefasst sein. Ansonsten besteht ein Schriftformmangel, auf den sich auch derjenige Mieter berufen kann, für den die Fälligkeitsabrede entgegenkommenderweise geändert wurde. Besonderheit dabei ist, dass ein Briefwechsel der Schriftform nicht entspricht.

Ein Segen für Mietvertragsparteien, die an einem langfristigen Bestand des Mietverhältnisses und insofern an der Einhaltung der Schriftform großes Interesse haben, ist eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2018 (Urt. v. 21.11.2018, XII ZR 78/17). Danach ist zwar die Vereinbarung eines Optionsrechtes schriftformbedürftig, allerdings nicht die Ausübung einer solchen Verlängerungsoption. Damit hat der BGH der entgegenstehenden obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Köln, Urt. v. 17.05.2013, I-1 U 43/12;  OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 20.05.1998, 23 U 121/97) eine klare Absage erteilt. Bedenkt man, wie häufig in Gewerbemietverhältnissen ein Optionsrecht durch bloßen Briefwechsel ausgeübt wird, der nicht schriftformgemäß im Sinne des § 126 BGB ist, wird die praktische Relevanz der BGH-Entscheidung deutlich.

Häufig werden bei auf Dauer angelegten Gewerbemietverhältnissen Nachträge abgefasst, um damit Absprachen der Parteien festzuhalten, die erst nach Abschluss des Mietvertrages im Laufe des Mietverhältnisses getroffen wurden. Auch bei solchen Nachträgen ist die Schriftform einzuhalten. Ein Verstoß liegt dabei schon dann vor, wenn etwaige mehrere Nachträge nicht ordnungsgemäß fortlaufend nummeriert sind. Besonderheit dabei ist, dass ein schriftformwidriger Nachtrag den gesamten Hauptmietvertrag „infiziert“ und damit das gesamte Vertragswerk schriftformwidrig wird. Die Auswirkungen von Nachträgen gilt allerdings auch in die andere Richtung: wird beispielsweise ein formwirksamer Nachtrag abgeschlossen, kann damit ein Schriftformmangel im ursprünglich abgeschlossenen Hauptmietvertrag geheilt werden.

Vielfach enthalten Gewerbemietverträge sogenannte Schriftformheilungsklauseln mit dem Inhalt, dass sich die Vertragsparteien nicht auf Schriftformmängel berufen können und stattdessen verpflichtet sein sollen, den Schriftformmangel durch schriftformgemäße Regelungen zu beheben. Der BGH hat solche Heilungsklauseln als unwirksam zurückgewiesen, da sie mit der nicht abdingbaren Vorschrift des § 550 BGB unvereinbar seien (Urt. v. 27.09.2017, XII ZR 114/16). Ob sich eine Vertragspartei auf Schriftformmängel trotz einer unwirksamen Schriftformheilungsklausel gegebenenfalls deshalb nicht berufen kann, weil ein solches Verhalten gegen Treu und Glauben gem. § 242 BGB verstoßen könnte, hat der BGH offengelassen. Die Hürden, eine solche Treuwidrigkeit darzulegen, sind aber erheblich. Bedenkt man dann noch, dass im Falle eines Rechtsstreits über die Wirksamkeit einer vorzeitigen Kündigung Schriftformerfordernisse von Amts wegen durch das Gericht zu prüfen sind und die Darlegungs- und Beweislast diejenige Partei trifft, die sich auf die Einhaltung der Schriftform beruft, ist letztlich auch dies weiterer Anlass, bei der Gestaltung von langfristigen Gewerbemietverhältnissen größtmögliche Sorgfalt walten zu lassen.

Architektenvertrag

Nach § 7 Abs. 1 der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) kann sich das Honorar des Architekten nach der schriftlichen Vereinbarung, die die Vertragsparteien bei Auftragserteilung im Rahmen der in der HOAI festgesetzten Mindest- und Höchstsätze schließen, richten. Losgelöst von den unterschiedlichen Leistungsphasen für Tätigkeit und Vergütung des Architekten kann in diesem Rahmen auch ein Erfolgshonorar oder ein Pauschalhonorar vereinbart werden. Voraussetzung ist aber, dass dies schriftformgemäß im Sinne des § 126 BGB erfolgt. Es gelten dabei dieselben strengen Anforderungen, wie oben bei Gewerbemietverträgen dargestellt. Die Erfahrung zeigt, dass insbesondere bei der Angabe der Vertragsparteien im Rubrum und den Unterschriften größter Wert auf eine zutreffende Bezeichnung der Vertragsparteien einschließlich etwaiger Vertreterzusätze zu legen ist.  Bei den Unterschriften reicht weder eine Paraphe noch ein Schriftzug aus, der keine Unterscheidungsmöglichkeit gegenüber anderen Unterschriften gewährleistet.

In der Baupraxis werden nicht selten vorgedruckte Formulare zu Architektenverträgen genutzt, die üblicherweise eine Vergütung des Architekten nach Leistungsphasen vorsehen. Soweit dies bei gesonderter Honorarvereinbarung nicht gewünscht und stattdessen beispielsweise ein Erfolgs- oder Pauschalhonorar geregelt werden sollen, müssen widersprüchliche Angaben im Vertragstext vermieden werden. Auch das Unterbleiben der Streichung von Alternativen bzw. ein fehlendes Ausfüllen von Lücken im Vertragsformular können zur widersprüchlichen Angaben führen, die dann schriftformwidrig sind. Als Folge einer schriftformwidrigen Honorarvereinbarung kann der Architekt dann lediglich die Mindestsätze gem. HOAI geltend machen, § 7 Abs. 3 HOAI. Der Architekt könnte das Projekt in diesem Falle dann voraussichtlich nicht mehr wirtschaftlich betreuen, wäre aber gleichwohl zur Leistungserbringung verpflichtet. Denn trotz schriftformwidriger Honorarvereinbarung bleibt davon die Wirksamkeit des Architektenvertrags als solche und die damit verbundenen Leistungspflichten des Architekten unberührt.

Der Architekt hätte dann sprichwörtlich auf Sand gebaut.

  • Jens Ewelt

    • Rechtsanwalt
    • Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
    • Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht