Einige bekannte Markenartikler haben angekündigt, „ab sofort“ ihre Mietzahlungen einzustellen. Ab Mitte März werden durch diese zum Teil keine Mieten mehr beglichen. Der folgende Beitrag stellt die Zusammenhänge und die rechtlichen Grundlagen dieses Verhaltens dar.
Anordnung des Gesetzgebers
Der Gesetzgeber hat im Rahmen seines Maßnahmenpakets zur Milderung der wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beschlossen, auch die Auswirkungen der angeordneten Geschäftsschließungen zu regeln.
So wird grundsätzlich das Recht der Vermieter von Räumen und Grundstücken wegen eines Zahlungsrückstandes zu kündigen (§ 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB), eingeschränkt. Sofern die Rückstände zwischen dem 01.04. und 30.06.2020 auf Auswirkungen der Pandemie beruhen, darf wegen des so entstandenen Zahlungsrückstandes, durch den Vermieter nicht gekündigt werden. Die rückständige Miete ist allerdings nicht gänzlich erlassen, sondern nur gestundet und muss bis zum 30.06.2022 nachgezahlt werden.
Sofern dieser Termin nicht eingehalten wird, kann der Vermieter wieder kündigen. Es wird allerdings erwartet, dass wegen der Andauer der Pandemie die Fristen gegebenenfalls noch verlängert werden.
Hervorzuheben ist, dass weder der Mietvertrag endet, noch die Miete erlassen wird. Es handelt sich lediglich um eine Stundung. Die Regelung betrifft sowohl Wohn- als auch Geschäftsraummietverhältnisse.
Voraussetzung des Stundungsrechts ist, das die Mietschulden auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruhen (vgl. Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020, BGBl. 2020 I, S. 569 (573) und BMJV-FAQ). Es muss also durch den Mieter zumindest glaubhaft gemacht werden, dass z.B. wegen der Einstellung des Geschäftsbetriebes, des Verlusts des Arbeitsplatzes oder der Anordnung von Kurzarbeit über einen beschränkten Zeitraum keine hinreichende Liquidität mehr vorhanden ist. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung dürften indessen nicht sehr hoch sein.
Was allerdings für Wohnungsmieter und Kleinstunternehmer unproblematisch im Hinblick auf die Glaubhaftmachung scheint, ist für Großanbieter, welche sogenannte Flagship-Stores betreiben, aber einen wesentlichen Teil ihres Endkundengeschäftes via Online-Handel abbilden, durchaus problematisch. Hier dürfte die Verpflichtung, die Miete weiterhin zu zahlen, durchaus fortbestehen, sofern die vorgenannte Glaubhaftmachung fehlt oder misslingt.
Weitergehende Rechtsfolgen
Einige bekannte Markenartikler sind allerdings vorgeprescht und haben gegenüber dem jeweiligen Vermieter bereits angekündigt, „ab sofort“ ihre Mietzahlungen einzustellen. Ab Mitte März werden durch diese zum Teil keine Mieten mehr beglichen.
Begründet wird die Einstellung der Zahlungen gelegentlich als Fall der Unmöglichkeit der Erbringung der Leistung durch den Vermieter, § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB. Ein solcher Fall liegt allerdings nicht vor. Die Hauptpflicht des Vermieters ergibt sich aus § 535 Abs. 1 BGB, wonach dieser dem Mieter die Mietsache zum Gebrauch zur Verfügung zu stellen hat. Das allgemeine Risiko, wie der Mieter die Sache verwendet, nämlich die Verwirklichung der Gewinnerzielungsabsicht durch die Mietsache, liegt nach ständiger Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 16.02.2000, XII ZR 279/97, Tz. 30; Urt. v. 21.09.2005, XII ZR 66/03) ausschließlich bei dem Mieter – und gerade nicht bei dem Vermieter.
Sofern also durch behördliche Anordnung der Betrieb eines bestimmten Teils von Einzelhandelsgeschäften untersagt wird, verwirklicht sich das Verwendungsrisiko aus Umständen, die nicht vermieterseitig beeinflusst werden. Da der Vermieter die Mietsache dem Mieter grundsätzlich weiter in einem Zustand überlässt, welcher den Mietgebrauch ermöglicht, erfüllt er seine Vertragspflicht. Die Anordnung der Untersagung des Geschäftsbetriebes fällt damit in die Risikosphäre des Mieters – welcher somit weiterhin die Miete schuldet. Insoweit fehlt es an dem Einbehalt der Miete für den Monat März bereits am Rechtsgrund. Lediglich die Stundung der Miete für April bis Juni 2020 ist möglich.
Da der Pandemiefall bislang in der Rechtsprechung nicht behandelt wurde, kann sich hier möglicherweise die eine oder andere Überraschung ergeben. Wir werden an dieser Stelle über die Rechtsentwicklung weiter informieren.